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Covid-19 und seine Spätfolgen #

Immer mehr Hinweise auf Autoimmunerkrankungen nach Infektionen mit Sars-CoV-2.#


Von der Wiener Zeitung (31. Jänner 2023) freundlicherweise zur Verfügung gestellt.


Das Virus bringt das Immunsystem gehörig aus dem Gleichgewicht.
Das Virus bringt das Immunsystem gehörig aus dem Gleichgewicht.
Foto: https://pixabay.com

Menschen nach überstandener Covid-19-Infektion weisen deutlich häufiger eine Autoimmunerkrankung auf. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle deutsche Studie, für die die Forscher Krankenversicherungsdaten analysiert haben. Es ist nicht der erste Hinweis dieser Art - er reiht sich in ein Bild, das schon länger aufgezeigt wird.

"In allen Alters- und Geschlechtsgruppen traten Autoimmunkrankheiten in der Zeit nach der Infektion signifikant häufiger auf", betont Jochen Schmitt vom Universitätsklinikum Dresden. Die Ergebnisse der Analyse beziehen sich den Wissenschaftern zufolge allerdings nur auf ungeimpfte Betroffene, die eine nachgewiesene Corona-Infektion mit dem Wildtyp des Virus hatten. Entsprechende Erkenntnisse über andere Varianten gebe es derzeit nicht.

Schon im Herbst hatten kanadische Wissenschafter in einer Arbeit im Blut von Long-Covid-Patienten Anzeichen einer Autoimmunerkrankung nachgewiesen. Offenbar bilden sich Antikörper, die gegen das eigene Gewebe gerichtet sind, berichteten damals Manali Mukherjee von der McMaster Universität in Ontario und Chris Carlsten von der Universität British Columbia in Vancouver im Fachblatt "European Respiratoy Journal".

Verlust der Selbsttoleranz#

Und bereits ein Jahr davor hatte ein Forscherteam in "Nature Communications" darauf hingewiesen, dass viele Covid-19-Patienten Autoantikörper im Blut haben, die auch bei seltenen Autoimmunerkrankungen auftreten. Schon damals wurde befürchtet, dass dies langfristige Folgen für die Betroffenen haben könnte.

Typische Kennzeichen solcher Erkrankungen sind einige Symptome von Covid-19 wie Müdigkeit, Muskelschmerzen, Gelenksentzündungen oder Hautausschläge. Eine Möglichkeit für diese Entwicklung sei dem Immunologen Paul Utz von der Stanford Universität in Palo Alto in Kalifornien zufolge ein vorübergehender Verlust der Selbsttoleranz. Denn das Immunsystem lernt schon sehr früh im Leben, körpereigene Ziele zu verschonen. In einem immunologischen Notfall, also etwa einem Zustand einer kräfteraubenden Erkrankung, könnte diese Leistung geschwächt sein beziehungsweise sogar zeitweise verloren gehen.

Doch gibt es auch eine andere These. So könnten nämlich einige Antigene des Virus zufälligerweise eine Ähnlichkeit mit Antigenen des eigenen Körpers haben. Dies wird als molekulare Mimikry bezeichnet. Damit könnten die falschen Ziele im Visier stehen. Zudem seien die Autoantikörper zeitgleich mit den den Antikörpern entstanden, mit denen die Coronaviren bekämpft wurden. Noch ist die Frage offen, ob die Autoantikörper im Laufe der Zeit wieder verschwinden, oder ob sie lebenslang vorhanden bleiben.

Erst wenige Anhaltspunkte#

Diese Frage beantwortet auch die aktuelle deutsche Studie nicht. Ausgewertet wurden dabei Abrechnungsdaten der Jahre 2019 bis 2021 von 38,9 Millionen gesetzlich Versicherten der AOK Plus, Barmer, DAK-Gesundheit, IKK classic, der Techniker Krankenkasse und von Betriebskassen. In die Analyse gingen Daten von 640.000 Personen mit labormedizinisch nachgewiesener Covid-19-Erkrankung im Jahr 2020 ein, darunter 76.000 mit vorher bestehender Autoimmunerkrankung. Von den Covid-Patienten, die zuvor keine solche Erkrankung hatte, entwickelten 6.489 erstmals eine. Covid-Infizierte und je drei Nicht-Infizierte mit ähnlichen Eigenschaften wurden anhand von 41 im Voraus festgelegten Erkrankungen verglichen.

Die Studie, die noch in keinem Fachblatt publiziert ist, ist Teil eines vom Robert Koch-Institut und vom Bund geförderten Projekts zu Langzeitfolgen von Covid-19. Bisher habe es erst wenige Anhaltspunkte auf Autoimmunerkrankungen durch Corona-Infektionen gegeben, schreibt das Team. Um die Zusammenhänge zwischen Covid-19 und diesen Erkrankungen zu verstehen, sei weitere Forschung nötig, sagt Schmitt.

"Künftige Analysen sollten einen Fokus auf chronische Erkrankungen legen, die in der Pandemie entstanden sind." Andere Forscher diskutieren derzeit etwa über einen Zusammenhang zwischen Covid-19 und einer länger andauernden Abschwächung des Immunsystems.(apa/gral)

Wiener Zeitung, 31. Jänner 2023


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