Strauß oder Strauss?#
Um die Verwandtschaftsverhältnisse in der Strauß-Dynastie herrscht oft ebensolche Verwirrung wie um die „richtige" Namensschreibung. Ein paar Orientierungshilfen.#
Mit freundlicher Genehmigung übernommen aus der Kleinen Zeitung (1. Jänner 2019)
Von
Michael Tschida
Die „Marienvesper" von Monte Verdi. „Die vier Jahreszeiten" von Joseph Haydn. Die Oper „Elektra" von Richard Strauß ... schon oft gesehen, gelesen, gehört.
Aber nein! Verdi komponierte zwar auch Sakrales, die himmlische „Vespro della Beata Vergine" stammt allerdings von Claudio Monteverdi. Haydn schuf das Oratorium „Die Jahreszeiten", nicht zu verwechseln mit Vivaldis Violinkonzertzyklus „Le quattro stagioni"/ „Die vier Jahreszeiten". Und den großen Münchner Opernkomponisten Richard Strauss schreibt man seit Jahr und Tag mit Doppel-s, im Gegensatz zu den Mitgliedern der berühmten Wiener Strauß-Dynastie.
Oder etwa doch nicht? Schon seit Langem gibt es Diskussionen um die „richtigen" Namen von Johann Strauß Vater (der mit dem „Radetzkymarsch"), Johann Strauß Sohn (der „An der schönen blauen Donau") & Co. Beide unterzeichneten mit langem, doppelschleifigem s (dem f ähnlich) und anschließendem runden s. Das war damals eine Alternative zum bereits gängigen scharfen ß in gewissen Druckerschriftarten wie der Fraktur - ß als eine sogenannte Ligatur, also Verschmelzung zweier Buchstaben.
Aber zur Namensverwirrung trug noch viel mehr bei: Auf Partituren oder Plakaten tauchten schon zu Zeiten der Musikerfamilie oft die Varianten Strauß und Strauss auf. Zudem kannte unsere Schrift das ß in Großbuchstaben bis vor eineinhalb Jahren nur als Doppel-S, also STRAUSS. Das ß gibt es ja nur im deutschen Alphabet, Schweizer und Liechtensteiner verwenden es gar nicht. Und nicht erst seit der Digitalisierung bedienen sich Labels, Vereine, Verlage und Gesellschaften, die sich in aller Welt um das Erbe der gefeierten Komponisten und Kapellmeister der Habsburgerzeit kümmern, und inzwischen auch Wikipedia der internationalen Lesbarkeit wegen der Schreibweise Strauss. Auf der Website des Wiener Instituts für Strauss-Forschung verficht der Jurist Eduard Strauss, Urenkel des ebenfalls komponierenden Bruders des „Walzerkönigs" Johann Strauß, mit nur teilweise nachvollziehbaren Argumenten die Schreibweise Strauss und appelliert mit Vehemenz: „Schluss (nicht Schluß) mit Strauß!"
Um die Namensgebung werden vermutlich noch viele Sträuße ausgefochten. Die meisten Veranstalter in unseren Breiten, so heute auch wieder die Wiener Philharmoniker bei ihrem Neujahrskonzert, wählen weiterhin die tradierte Form. Und auch wir bleiben - ob Johann I/II/III, Josef oder Eduard - unter Donner und Blitz bei „Strauß".
Zur Person#
Johann Strauß II.,#
geboren am 25.10. 1825 in St. Ulrich bei Wien, gestorben am 3. Juni 1899 in Wien. Geiger, Kapellmeister und Komponist. Er schrieb 15 Operetten, darunter „Die Fledermaus" oder „Der Zigeunerbaron". Wurde als „Walzerkönig" weltweit berühmt. johann-strauss.atKOMPONISTENDYNASTIE#
Johann Strauß I. (1804-49) #
war der Vater des „Walzerkönigs". Geiger, Kapellmeister und Komponist. Der Radetzky-Marsch ist das berühmtetste seiner 205 Werke.Josef Strauß (1827-70), #
jüngerer Bruder des „Walzerkönigs". Dirigent, komponierte Walzer, Polkas, eine Operette. War auch Erfinder und Ingenieur.Eduard Strauß (1835-1916),#
jüngster Bruder des „Walzerkönigs", Geiger, Harfenist, Kapellmeister. Komponierte rund 300 Tänze und Märsche.Johann Strauß III. (1866-1933), #
Neffe des „Walzerkönigs", Geiger, Kapellmeister in Wien und Berlin, Komponist, schrieb u. a. die Operette „Katze und Maus".Richard Strauss (1864-1949): #
Der Münchner Komponist wurde mit Liedern, Orchesterwerken und Opern („Rosenkavalier", „Elektra" u. a.) berühmt.Oscar Straus (1870-1954) #
aus Bad Ischl komponierte 17 Operetten und für den Broadway.