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Die Veggies feiern ein Fest#

Vom Supermarkt bis zum eigenen Ball - der Pferdefleisch-Skandal rückt in Wien die Veganer in den Fokus#


Von der Wiener Zeitung, (Donnerstag, 21. Februar 2013) freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

Von

Katharina Thalhammer


Misstrauen gegenüber Lebensmitteln gibt alternativen Ernährungen Auftrieb.#

Kräuterdrogerie
Kräuterdrogerie in der Kochgasse 34 im 8. Bezirk.
© Thalhammer

Wien. Gefüllte Artischocke mit Melanzanikaviar und Treviso Tardivo, Steckrüben-Olivengemüse mit Thymianmuffin, exotischer Bratapfel mit Mango und Ananas. Dieses Menü wird Starkoch Christian Petz beim 1. Wiener Vegan-Ball am 23. Februar servieren. Petz selbst ist kein Vegetarier. Jedoch wird er an diesem Abend versuchen, die vegane und gehobene Küche in Einklang zu bringen. Im Zwei-Hauben-Restaurant "Holy Moly" am Badeschiff an der Donaukanallände erwartet die Ball-Gäste ein Drei-Gänge-Menü mit rein pflanzlichen Zutaten. Nach dem Dinner gibt es eine vegetarische Snackbar. Diese gab es sogar auch am Opernball. "Wir sind überwältigt, wie hoch der Andrang im Vorverkauf ist", meint Vereinsobmann Felix Hnat vom Verein "Vegane Gesellschaft Österreich". "Immer mehr Menschen erkennen die Vorzüge der veganen Ernährung."

Geschätzte 9000 Veganer#

Wien wird oft als Hauptstadt des Vegetarismus bezeichnet. Nach Schätzungen des Vereins "Vegane Gesellschaft Österreich" leben derzeit 90.000 Vegetarier in Wien und davon sind 9000 Veganer, die nicht nur keine Tiere essen, sondern auch keine Produkte, die von Tieren stammen. Die Gründe für diese Art der Ernährung seien der Tierschutz, die Gesundheit, Umwelt und Klima aufgrund der globalen Erderwärmung durch die Massentierhaltung. Aber auch der Konsumentenschutz spiele eine Rolle, vor allem in Zeiten von Pferdefleisch-Skandal oder Rinderwahn.

Preisangebote wie etwa "Zahl zwei nimm drei" und "Eins plus eins gratis" bestimmen jenes Ernährungsverhalten, das nicht den eigenen Bedürfnissen entspricht. Das Wissen über nicht artgerechte Massentierhaltung und über den Einsatz von Antibiotika und Pestiziden verhindern nicht, dass diese Lebensmittel trotzdem gekauft werden. "Das körperliche Wohlbefinden, das von einer ausgewogenen Ernährung abhängt, basiert auf Selbstverantwortung und nicht auf das Preisangebot der Händler", sagt Anda Dinhopl, Leiterin der Kräuterdrogerie im 8. Bezirk. Der immer mehr aufkommende Veganismus und die damit zum Teil verbundene Ernährungslehre des Ayurveda verdeutliche eine Rückbesinnung zum eigenen Wohlbefinden.

Nach Dinhopl ist eine vegane Welle in Wien zu erkennen. Die Drogistin bietet zusätzlich noch ein veganes Mittagsmenü an. "Ich gehe gerne in die Kräuterdrogerie. Hier bin ich mir sicher, dass alles selbst gemacht und nichts weggeschmissen wird. Man wird überall bloß belogen. Ich will weg von all dem Misstrauen", erläutert eine Kundin. "Wir bestehen aus dem, was wir zu uns nehmen. Daher ist es sehr wichtig, auf die Apothekenqualität der Produkte zu achten. Herkömmliche biologische Produkte werden nur auf Rückstände von Pestiziden getestet. Unsere Produkte werden zusätzlich noch auf Inhaltsstoffe getestet", erklärt Dinhopl.

Grünzeug
Auch Grünzeug kann sich amüsieren, zumindest auf dem 1. Vegan-Ball in Wien.
© VGÖ

Obendrein werden in der Kräuterdrogerie noch ayurvedische Kurse angeboten. Ayurvedisches Grundwissen bietet die Möglichkeit, aus einer Überzahl von Produkten eine gezielte Auswahl zu treffen. Ziel ist es die eigenen Bedürfnisse kennenzulernen, um einerseits das Wohlbefinden zu fördern und andererseits die Ernährung an dieses anzupassen. Die individuelle Ernährung sei erforderlich, um ein inneres Gleichgewicht zu halten. "Nicht der Preis soll das Ernährungsverhalten bestimmen, sondern die eigenen Bedürfnisse." In Wien herrsche die "Je günstiger desto besser"-Mentalität, von der ich unbedingt abrate", so Dinhopl. Bereits Erwin Wagenhofer verdeutlichte in seiner Dokumentation "We feed the world", dass auch in Europa hergestellte Lebensmittel unter Einsatz von Pestiziden und Antibiotika produziert werden. Eine nicht artgerechte Massentierhaltung war ebenfalls zu beobachten. Lebensmittel, die auf biologischem Anbau und Freilandhaltung basieren, können realistisch gesehen, nicht um den günstigsten Preis erworben werden. Die Unsicherheit gegenüber Lebensmittelhersteller verschärft sich zusätzlich durch Essens-Skandale.

Erster Vegan-Supermarkt#

Der Veganismus lehnt Tiere und auch tierische Produkte als Nahrungsmittel strikt ab. Derzeit leben 5 Prozent Vegetarier und 0,5 Prozent Veganer in Österreich. In Wien sind 7 Prozent der Einwohner Vegetarier. 10 Prozent davon sind Veganer. Laut "Vegane Gesellschaft Österreich" ist die Tendenz steigend. Nicht nur der Vegan-Ball soll die in Wien vorhandene vegane Welle verdeutlichen, sondern auch der erste Vegan-Supermarkt, der Ende April in der Stumpergasse im Bezirk Mariahilf eröffnet wird. Die aus Berlin stammende Kette "Veganz" wird nun auch in Wien rein pflanzliche Produkte anbieten, aufgrund der erhöhten Nachfrage, heißt es.

Wer Vegetarier oder Veganer wird, kommt um die ayurvedische Küche nicht herum. Sandra Hartmann, Ernährungsberaterin und Köchin, bietet in Wien Koch-Workshops an. "Die Menschen, die bei mir einen Kochkurs besuchen, möchten vor allem ihre Ernährungsgewohnheiten verbessern und viel über die Gewürze und dem Zusammenspiel der Ernährung und des Bewusstseins erfahren", sagt sie zur "Wiener Zeitung". Im Allgemeinen werden laut Hartmann die Menschen immer bewusster. "Die Menschen wollen immer mehr mit der Natur und nicht gegen die Natur leben." Und so kocht Hartmann zum Beispiel ayurvedische Gerichte wie ein einfaches Dal (Linsengericht) mit Gemüse und Reis, Bhaturas (frisches Fladenbrot) und Laddu (Kichererbsenkonfekt) oder Kitchari (Gemüse-Dal-Reis-Eintopf) mit einem Frucht-Chutney.

Kochen ist Meditation#

Für die Ayurveda-Ernährungsberaterin ist Essen nicht einfach nur ein Akt der Nahrungsaufnahme. "Ein achtsamer Mensch, der seine Konstitution kennt, kann die Wirkung der Nahrung auf seinen Körper, Geist und seine Emotionen beobachten und intelligente Entscheidungen treffen. Wenn alle Krankheiten psychosomatisch sind, dann erkennen wir die Bedeutung der Nahrung." So hält es Hartmann wie der Dalai Lama: "Koche und liebe mit Deinem ganzen Herzen." Denn Kochen sei eine Meditation.


Wiener Zeitung, (Donnerstag, 21. Februar 2013



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