Keine Schale Tee ohne Frauen, die Teeblätter pflücken#
Von
Günther Jontes, 2016
Tee ist mit Sicherheit das meistgenossene Getränk der Welt. Mehr als eine Milliarde Chinesen trinkt wie seit Jahrtausenden diese belebende Flüssigkeit, Indien ist ebenso ein Reich dieser Pflanze, welche die Wissenschaft Camellia sinensis nennt. Japan hat es mit der Teezeremonie (jap. cha no yu) in den Mittelpunkt einer höchst ästhetischen Handlung der Stille und Schönheit gestellt. Tibet machte daraus eine wärmende und stärkende Nahrung im rauest denkbaren Klima. Relativ spät hat der Westen den Tee entdeckt und ihn gleichrangig an die Seite des Kaffees gestellt, der ebenso eine Folge der Erschließung der ganzen Welt seit dem 16. Jahrhundert ist.
Die großen Anbaugebiete Südasiens sind Indien und Sri Lanka. Begriffe wie Darjeeling- und Assamtee führen in den Nordosten des Subkontinents, wo Höhenlage, Sonneneinstrahlung und Regen im optimalen harmonischen Verhältnis zu einander stehen. Im zentralen Hochland von Sri Lanka, einst Ceylon, wurde der von der englischen Kolonialmacht initiierte Kaffeeanbau durch einen Schädling vernichtet. Der als Notlösung versuchte Teeanbau erwies sich dann als der Erfolg schlechthin und besonders dieser Tee in seinen feinen Mischungen begründete in England die nicht wegzudenkende Zeremonie des Five 0’clock tea. Die westlichsten Teeanbaugebiete der Welt liegen in Armenien, die östlichsten in Japan. Und zwischen Ostasien und dem Westen läuft eine Trennungslinie der beiden Kulturen: Hie fermentierter Tee, da der „grüne“ bzw. halbfermentierte.
In Indien gedeiht auch im Süden ein vorzüglicher Tee. Die sich lang von Norden nach Süden erstreckenden Küstengebirge der Western Ghats, die sich die Bundesstaaten Tamil Nadu und Kerala teilen, liefern den bekannten Nilgiri-Tee. Dieser Name bedeutet übersetzt „Blaue Berge“. In Kerala, also am Westhang der Nilgiris ist es besonders das Gebiet um die Stadt Munnar Indien, Munnar , wo der Teestrauch besonders gut gedeiht und wo sich auch die Unternehmen befinden, die den Tee weiterverarbeiten und für den Export in die richtige Konsistenz bringen.
Vom Strauch bis zur Schale Tee ist ein weiter Weg. Er beginnt mit dem Pflücken nach ganz bestimmten Regeln, die letztendlich auch die Qualität bestimmen. Frauen sind hier besonders geschickt und die Teepflückerinnen von Kerala sind dabei besonders geübt. Über der Schulter tragen sie einen Korb, den sie in einer Tagesschicht mit den geernteten Blättern füllen. Dann kommt man an einem Sammelplatz zusammen, die jeweilige Tagesleistung wird gewogen, verpackt und dann der anteilige Lohn ausbezahlt.Nähert man sich den Frauen, so blicken wir in freundliche, stolze und charaktergeprägte Gesichter. Die Frauen sind auch bei der Arbeit gut gekleidet, tragen mit Würde ihr Gewand. Viele legen bei der Arbeit, die ihnen einen guten Verdienst bringt, auch ihren Schmuck an. Man kann in vielen Teilen Indiens beobachten, dass man auch bei Schwerarbeit nicht in abgetragenen Gewändern werkt, sondern sich stets nobel wie man es gewohnt ist, gibt.