Die Landwirtschaft braucht einen Strukturwandel #
Im Rahmen einer BOKU-Energiecluster-Veranstaltung waren sich Expert*innen einig: Dank moderner Technologien und Innovationen in der Agrartechnik ist eine fossil- und emissionsfreie Landwirtschaft in Zukunft möglich. Politik müsse jetzt den Anreiz schaffen #
Die aktuelle Teuerungswelle macht auch vor der Landwirtschaft nicht halt. Ein Grund dafür ist der noch immer hohe Einsatz an fossiler Energie beispielsweise in Form von mineralischen Düngemitteln oder Pflanzenschutz, aber auch direkt als Strom und Wärme. „Einsparungsbereiche und Substitutionsmöglichkeiten mit fossilfreien Alternativen gibt es genug“, betonte Alexander Bauer vom Institut für Landtechnik der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU). Die dazu nötigen modernen Technologien und Innovationen in der Agrartechnik – von regenerativen Energien über Düngung und Pflanzenschutz, Humusaufbau und Pflanzenkohlenutzung, das Einsparungspotential durch teilflächenspezifische Bodenbearbeitung bis hin zur Verwendung von grünem Stickstoff - seien bereits vorhanden. „Sie müssten jetzt zur Anwendung kommen“, so der Organisator der Veranstaltung „Energiesysteme in der Landwirtschaft & negative Emissionen“.
Gründe dafür sind laut der Expert*innen, die dabei zu Wort kamen, das derzeitige Auseinanderklaffen von technischen Lösungen auf der einen Seite und den Marktanreizen auf der anderen. „Für den Wechsel zu fossilfreien Energieträgern braucht es neben der Förderung von Innovationen auch eine starke interdisziplinäre Zusammenarbeit - und eine klare Regulierung durch die Politik“, so Bauer weiter.
Beispiel: Düngemittel#
Düngemittel sind in der Landwirtschaft wichtig, um Kohlenstoff oder allgemein Nährstoffe in den Boden zurückzuführen. Der Großteil ist jedoch noch immer mineralischen Ursprungs und wird meist aus Südamerika, Russland und Asien importiert. Das verursacht enorme Transportkosten. Durch die Energiekrise sind die Preise von Düngemittel bis zum Doppelten oder noch mehr gestiegen. Das Gebot der Stunde wäre, Abfallströme in allen Bereichen zu nutzen, wo dies möglich sei, „wie neue Technologien, die Nährstoffe aus Abwässern rückgewinnen oder intelligentes Design, das verhindert, dass Düngemittel ausgewaschen werden“, erörterte Bauer. „Es muss unser erklärtes Ziel sein, Nährstoffkreisläufe zu schließen, um eine langfristige Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Böden zu sichern - dabei auch Humus und Kompost vermehrt als CO2-Speicher zu nutzen und auch technische Lösungen, um CO2 aus der Atmosphäre zu ziehen, unterstützend einzusetzen“, so Bauer.
An Bewertungsmethoden fest machen#
Um eine fossilfreie Landwirtschaft und deren nachhaltige Bewirtschaftung zu sicher, müssten Bewertungsmethoden zur Anwendung kommen. Neben der bereits etablierten Ökobilanz, die einzelne Produkte bewertet gäbe es die Corporate Carbon Footprints, um das für ganze Betriebe zu tun. „Gerade für die Bewertung auf betrieblicher Ebene in Land- und Forstwirtschaft gibt es derzeit auch viele neue Richtlinien und Guidelines, die eine nachhaltige Entwicklung sichern“, so Bauer.
5 vor 12 für auferlegten Ziele#
„Wenn wir ernsthaft unsere selbst auferlegten Ziele erreichen wollen, kann es so, wie es derzeit läuft, wohl nicht weitergehen“, so der Landtechnikexperte. „Die Landwirtschaft braucht einen tiefgreifenden Strukturwandel. Dies inkludiert nicht nur den Ausbau von erneuerbaren Energien - Wind, Photovoltaik auf Dächern oder die Doppelnutzung landwirtschaftlicher Fläche durch Agri-Photovoltaik -, sondern auch das Schließen von Nährstoffkreisläufen durch Humus-Aufbau oder Verwendung von Pflanzenkohle und Kompost. Biodiversität muss gefördert werden, genauso wie das vermehrte Verfolgen von Strategien aus der biologischen Landwirtschaft. Die Grundlage für diesen Wandel muss von der Politik durch Förderung und Regulierung geschaffen werden“, fasst Bauer abschließend zusammen.
Die Veranstaltung zum Nachschauen:
Kontakt#
Assoc. Prof. DI Dr. Alexander BauerUniversität für Bodenkultur Wien (BOKU)
Department für Nachhaltige Agrarsysteme
Institut für Landtechnik
Email: alexander.bauer(at)boku.ac.at
Telefon: +43 1 668 885 86 401