Die drei Pfeile einst und jetzt#
von Peter Diem
Am Anfang der Sozialdemokratie stand die rote Nelke als indirektes Sonnensymbol. In der Zeit des Kampfes gegen die Nationalsozialisten wurden die drei Pfeile verwendet, die eines der ersten Parteisymbole waren, die von einem externen Werbeberater entworfen worden waren. Ihr Sinngehalt war die Zerstörung des die Arbeitermassen anziehenden Hakenkreuzes. Die drei nach links unten weisenden Pfeile im Ring hielten sich bis lange nach dem zweiten Weltkrieg. Sie wurden dann - ähnlich wie bei der ÖVP - vom Schriftzug "SPÖ" abgelöst.
Parallel zu einer Phase des Einsatzes von Orange in Deutschland verwendete auch die SPÖ diese Farbe. Damit sollte der evolutionäre Charakter des demokratischen Sozialismus betont werden.
Unter ihrem Vorsitzenden Viktor Klima (1997-2001) wurde wieder auf das ursprüngliche "revolutionäre" Rot zurückgewechselt, wie das auch bei der SPD der Fall gewesen war. Damit wird offiziell ausgedrückt, dass sich die auch die heutigen Sozialdemokraten als die "Roten" verstehen.
Der Kampf gegen das Hakenkreuz#
Die Konfrontation mit dem Faschismus und Nationalsozialismus erzwang seit 1932 die Verwendung eines antifaschistischen Kampfabzeichens. Der sozialistische Schulterschluss zwischen Gewerkschaften, Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold und SPD, die reichsdeutsche „Eiserne Front", gab das Symbol der „Drei Pfeile" vor. Nach anderer Lesart zielten die drei Pfeile auf Kommunismus, Monarchie und Nationalsozialismus. Die zur Faust geballte, vorgestreckte Hand und der Kampfruf „Freiheit" sollten den Nazigruß und die „Heil Hitler"-Rufe treffen. Allgegenwärtig sollten die Blauhemden der sozialistischen Wehrsportler die braunen und schwarzen Farben der Reaktion hinwegschwemmen.
Mit der Übernahme der berühmten „Drei Pfeile", dem ersten von professionellen werbepsychologischen Konzepten geformten politischen Emblem, trennten sich jedoch die österreichischen Sozialisten von ihren eigenen tradierten Symbolen.
Die „Drei Pfeile" sollten auch hierzulande die Vernichtung des Kapitalismus, des Faschismus und der Reaktion - so die wichtigste Deutung des Symbols - zum Ziele haben.
S. Tschachotin, C. Mierendorff: Symbolkampf #
Die wirksamste Form der Straßenpropaganda ist der Symbolkrieg: man kann heute mit Sicherheit behaupten, dass die Drei-Pfeile-Kampagne der Eisernen Front schon im zweiten Hindenburg-Wahlkampf sehr viel zur Aktivierung der Massen beigetragen hat. Sie bezweckte, der Volksseele ein neues Bild des feindlichen Symbols einzuprägen, nämlich des abgelehnten, niedergeworfenen Hakenkreuzes, und ihr den entschlossenen Abwehrwillen der Arbeiterschaft kund zu tun. Sie wurde am einfachsten so durchgeführt, dass die überall hingemalten Hakenkreuze von drei Pfeilen mit Kreide durchgestrichen wurden. Dieses Symbol, das außerordentlich leicht reproduzierbar ist, sodass jedes Kind es zeichnen kann, erweist sich auch als unverwüstlich, denn die Gegner können ihr Symbol nicht über das unsere setzen, das Bild versteht auch ein jeder so, als ob das Hakenkreuz durch unsere Pfeile durchgestrichen wäre. Die in diesem Symbol enthaltene Erkenntnis des Dynamischen, der Angriffs-Idee und ihrer Gebundenheit an drei Forderungen an sich selbst für jeden Kämpfer, nämlich: Aktivität, Disziplin und Einigkeit, hatte wie ein Blitz ins Volksbewusstsein eingeschlagen und hat wahre Stürme der Begeisterung und von Aktivitätswillen ausgelöst. (In: Grundlagen und Formen politischer Propaganda, Magdeburg 1932)
Nach A. Rabbow (dtv-Lexikon politischer Symbole, München, 1970) kämpfte die »Eiserne Front« mit ihrem Emblem, drei parallel gerichteten Pfeilen, gegen das nationalsozialistische »Hakenkreuz und die »Harzburger Front«. Auf Wahlplakaten zielten die drei Pfeile auf ein Hakenkreuz oder, wie durch entsprechende verbale Unterschriften bestätigt, »gegen Hitler-Barone«. Bei Kundgebungen der »Eisernen Front« im Jahre 1932 führten die Demonstranten Hakenkreuzfahnen mit sich, auf denen das Hakenkreuz von den drei Pfeilen durchbohrt war. Die drei Pfeile erschienen noch Anfang März 1933 in den Titelköpfen verschiedener sozialdemokratischer Zeitungen, so des Berliner >Vorwärts<, des >Hamburger Echo< und der >Leipziger Volkszeitung< (hier zum letztenmal in der Ausgabe vom 2. 3. 1933, der letzten vor dem nationalsozialistischen Verbot.
Doch der Symbolkampf kam zu spät. Die gewaltsame Unterdrückung der österreichischen Arbeiterschaft und ihrer Organisationen reduzierte die Bildpublizistik der Sozialdemokratie auf die „Öffentlichkeit des Untergrundes" im Ständestaat und im Nazifaschismus. Was blieb, waren die hektografierten Streuzettel und Aufkleber mit den Emblemen und Abkürzungen der „Revolutionären Sozialisten". Manchmal war auch Kurioses dabei wie der sogenannte „Wöllersdorfer Nagel“, ein selbstgefertigtes Emblem der im Anhaltelager Wöllersdorf vom autoritären Ständestaat Inhaftierten.
Ruhe und Bewegung - die Symbole in der 2. Republik#
Nach dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Diktatur konnten die Sozialisten ihr Kampfzeichen gegen Faschismus, Kapitalismus und Reaktion, die „Drei Pfeile", zu ihrem Parteiabzeichen küren. Doch gaben sie den Pfeilen neue Inhalte und fügten den roten Ring hinzu. Dieser Ring sollte die soziale und politische Einheit der Arbeiterschaft dokumentieren, die Einheit des Industriearbeiters, des Landarbeiters und des geistigen Arbeiters. Darüber hinaus gab es zudem auch eine andere, auf die abstrakte Ebene gehobene Erklärung: In der Dreizahl der Pfeile dokumentierte sich die dialektische Entwicklung und die Einheit dieses Vorganges, durch den Ring gezeigt, genauso wie die Einheit von Bewegung und Ruhe und die Einheit der Bewegung und deren Vollendung. Das ursprüngliche Kampfsymbol wechselte seine Identität zum Zeichen der Manifestierung eines neuen Anfanges und seiner philosophischen Absicherung. Zunächst sicher noch in Besinnung auf den vergangenen Heroismus. Bald jedoch war die Bedeutung der berühmten „Drei Pfeile" schon nicht mehr so geläufig. Schon Ende der 40er Jahre gab es dementsprechend parteiöffentliche und parteiinterne Anfragen über die ursprüngliche und neudefinierte Deutung der Pfeile.
Photos: P. Diem
Quelle:
Visuelle Symbole und Embleme der österreichischen Sozialdemokratie, Dokumentation 2/91 (Verein für Geschichte der Arbeiterbewegung) - eine ausführliche Darstellung von Dr. Josef Seiter.
Kommentar#
Werte Kollegen, da ich gerade zu den drei Pfeilen recherchiere, bin ich auf eine Irrung auf Ihrer Website gestoßen. Sie schreiben:
„Man beachte, dass sich das gegen das Hakenkreuz in zerstörerischer Absicht nach links unten gerichtete Drei-Pfeile-Symbol in der Praxis der Wiener Sozialisten der Nachkriegszeit manchmal "instinktiv" in ein "Zukunfts-Symbol" wandelt, indem die Spitzen Pfeile nach rechts oben zeigen.“
Das bezieht sich auf ein Foto eines Fensterwimpels, das, wenn man es in die Halterung des Fensters steckt, erst recht wieder (heraldisch) nach rechts bzw. sogar nach links unten zeigt (bei doppelseitiger Darstellung). Es war damit keine heraldische Uminterpretation in ein positives Zeichen nach oben/vorwärts, sondern wieder ein reines Abwehrsymbol, wenn auch auf einer Seite heraldisch „falsch“.
-- Feedback, Freitag, 26. Juli 2024, 08:12