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Medium
Zwischen Konstellationen und Konfigurationen
»Sogar ist es die Suche selbst, die uns ein Stück wei-
ter ins Rätsel führt, getreu der Maxime, daß der Weg
das Ziel sei.«
Mersch 2003b: 131
Im Lauf der 1950er Jahre wurde die Suche nach dem optimalen Kanal für die medien-
neutrale Nachrichtenübermittlung Erhard Schüttpelz zufolge durch die Frage nach
der Eigenlogik der Medien verdrängt (vgl. 2002b: 59ff.). Medien traten somit zu
einer Zeit ins Zentrum der Aufmerksamkeit, als der Computer begann, die Welt zu
revolutionieren. Diese zeitliche Nähe ist bemerkenswert, da die nahezu universelle
und zweckoffene Programmierbarkeit des Computers das Denken über Medien vor
eine Herausforderung stellen sollte, wie Georg Christoph Tholen konstatiert: »Nicht
zu übersehen ist, daß mit der Digitalisierung der Medien metaphorische ›Als-ob‹-
Bestimmungen zu wuchern beginnen« (Tholen 2002: 21). Bisherige Bestimmungs-
versuche der Medialität der Medien werden unter den Bedingungen digitaler
Medientechnologien als Metaphern entlarvt (vgl. Tholen 2002: 20f.). Hierbei ist
nicht zuletzt umstritten, inwiefern der Computer überhaupt ein Medium ist.
Damit steht infrage, ob der Computer in allen seinen Gebrauchsweisen Medium ist
oder ob er in spezifischen Gebrauchskontexten nur als Medium fungiert. Letztere
Position wird beispielsweise von Hartmut Winkler vertreten, der argumentiert,
»dass keineswegs alle Computeranwendungen in die Sphäre des Medialen fallen«
(Winkler 2004b: 211), während Friedrich Kittlers Position im Digitalcomputer ein
Universalmedium erblickt, das die Differenzen zwischen Medien nivelliert: »In
der allgemeinen Digitalisierung von Nachrichten und Kanälen verschwinden die
Unterschiede zwischen einzelnen Medien« (Kittler 1986: 7). Eine dritte Perspektive
hat schließlich Alan Kay in die Diskussion eingebracht, der den Computer als Met-
amedium begreift, d.h. als ein Medium, »whose content would be a wide range of
already-existing and not-yet-invented media« (Kay/Goldberg 2003 [1977]: 403).
Wenn der Medienbegriff angesichts des Computers also zu einer problematischen
Kategorie geworden ist, so entziehen sich auch Computerdatenbanken einer ein-
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242