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Techno-Logik 221
An der Diskussion und den Entwicklungsbemühungen um Datenunabhängig-
keit wird deutlich, dass digitale Informationen keine autonomen Entitäten sind,
die rein immateriell oder virtuell sind und die beliebig von Computern ver-
arbeitet werden können. Sofern die in Datenbanken gespeicherten Informationen
ein gewisses Maß an Autonomie aufweisen, ist diese Autonomie ein Effekt der
Informationssysteme, in denen die Informationen versammelt sind und verwaltet
werden. Kurzum: Autonomie ist keine Wesenseigenschaft digitaler Information,
sondern Leistungsmerkmal von digitalen Informationssystemen. Wie im Folgenden
zu sehen sein wird, boten die seit Ende der 1960er Jahre entwickelten abstrakten
Datenbankarchitekturen eine konzeptuelle Lösung des Problems der physischen
und logischen Datenunabhängigkeit.
DatenbanKMoDelle: architeKturen FÜr
DatenunabhängigKeit
Die medien- und kulturwissenschaftliche Auseinandersetzung mit digitalen Daten-
banktechnologien fokussierte bisher einseitig die Datenmodelle, mit denen DBMS
operieren, d.h. die konkreten Verfahren, mit welchen Daten modelliert und ver-
arbeitet werden. Aus einer technikhistorischen Perspektive rekonstruiert Gugerli
beispielsweise den in den 1970er Jahre schwelenden Disput zwischen Vertretern des
Netzwerkmodells und des relationalen Datenmodells (Gugerli 2007a, 2009). Und
Krajweski unterzieht das relationale Datenmodell einem medientheoretischen Ver-
gleich mit dem objektorientierten Modell der Datenverwaltung (Krajewski 2007).
Auch wenn Datenmodelle im Kontext digitaler Datenbankentechnologien zweifellos
wichtig sind, soll im Folgenden zunächst die zentrale Bedeutung von Datenbank-
architekturen herausgearbeitet werden, welche mit dem Ziel entwickelt wurden, das
Problem der Datenunabhängigkeit zu lösen. Maßgeblich waren die Vorschläge der
Conference on Data Systems Languages und der ANSI/X3/SPARC Study Group on
DBMS.
eingeführten Unterscheidung zwischen logischer und physischer Datenunabhängig-
keit herausarbeitet (Stonebraker 1974). Seines Erachtens sind die möglichen
Änderungen, die an der physischen Ordnung sowie der logischen Struktur einer
Datenbank vorgenommen werden können, nicht gleich zu behandeln. Vielmehr seien
triviale von komplexen Fällen zu unterscheiden. Während Datenunabhängigkeit bei
trivialen Änderungen leicht gewährleistet werden könne, sei dies bei komplexen
Modifikationen nicht der Fall. Nach Ansicht von Stonebraker ist es möglich, in der
Theorie DBMS zu konzeptualisieren, die Nutzer von komplexen Änderungen an einer
Datenbank abschirmen. Hierdurch werde das System seines Erachtens jedoch
»hopelessly complex« (Stonebraker 1974: 64), sodass die praktische Realisierung
von derartigen DBMS impraktikabel wird. Deshalb macht sich Stonebraker notwen-
digerweise für eine graduelle Sicht auf Datenunabhängigkeit stark.
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242