Page - 5 - in Amerika
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wir zusammen. Entweder ist der Koffer gestohlen, dann ist keine Hilfe, oder
der Mann hat ihn stehengelassen, dann werden wir ihn, bis das Schiff ganz
entleert ist, desto besser finden. Ebenso auch Ihren Regenschirm.« »Kennen
Sie sich auf dem Schiff aus?« fragte Karl mißtrauisch, und es schien ihm, als
hätte der sonst überzeugende Gedanke, daß auf dem leeren Schiff seine
Sachen am besten zu finden sein würden, einen verborgenen Haken. »Ich bin
doch Schiffsheizer«, sagte der Mann. »Sie sind Schiffsheizer!« rief Karl
freudig, als überstiege das alle Erwartungen, und sah, den Ellbogen
aufgestützt, den Mann näher an. »Gerade vor der Kammer, wo ich mit dem
Slowaken geschlafen habe, war eine Luke angebracht, durch die man in den
Maschinenraum sehen konnte.« »Ja, dort habe ich gearbeitet,« sagte der
Heizer. »Ich habe mich immer so für Technik interessiert«, sagte Karl, der in
einem bestimmten Gedankengang blieb, »und ich wäre sicher später
Ingenieur geworden, wenn ich nicht nach Amerika hätte fahren müssen.«
»Warum haben Sie denn fahren müssen?« »Ach was!« sagte Karl und warf
die ganze Geschichte mit der Hand weg. Dabei sah er lächelnd den Heizer an,
als bitte er ihn selbst für das Nichteingestandene um seine Nachsicht. »Es
wird schon einen Grund haben«, sagte der Heizer, und man wußte nicht recht,
ob er damit die Erzählung dieses Grundes fordern oder abwehren wollte.
»Jetzt könnte ich auch Heizer werden«, sagte Karl, »meinen Eltern ist es jetzt
ganz gleichgültig, was ich werde.« »Meine Stelle wird frei«, sagte der Heizer,
gab im Vollbewußtsein dessen die Hände in die Hosentaschen und warf die
Beine, die in faltigen, lederartigen, eisengrauen Hosen staken, aufs Bett hin,
um sie zu strecken. Karl mußte mehr an die Wand rücken. »Sie verlassen das
Schiff?« »Jawohl, wir marschieren heute ab.« »Warum denn? Gefällt es Ihnen
nicht?« »Ja, das sind die Verhältnisse, es entscheidet nicht immer, ob es einem
gefällt oder nicht. Übrigens haben Sie recht, es gefällt mir auch nicht. Sie
denken wahrscheinlich nicht ernstlich daran, Heizer zu werden, aber gerade
dann kann man es am leichtesten werden. Ich also rate Ihnen entschieden ab.
Wenn Sie in Europa studieren wollten, warum wollen Sie es denn hier nicht?
Die amerikanischen Universitäten sind ja unvergleichbar besser als die
europäischen.« »Es ist ja möglich«, sagte Karl, »aber ich habe ja fast kein
Geld zum Studieren. Ich habe zwar von irgend jemandem gelesen, der bei Tag
in einem Geschäft gearbeitet und in der Nacht studiert hat, bis er Doktor und
ich glaube Bürgermeister wurde, aber dazu gehört doch eine große Ausdauer,
nicht? Ich fürchte, die fehlt mir. Außerdem war ich kein besonders guter
Schüler, der Abschied von der Schule ist mir wirklich nicht schwer geworden.
Und die Schulen hier sind vielleicht noch strenger. Englisch kann ich fast gar
nicht. Überhaupt ist man hier gegen Fremde so eingenommen, glaube ich.«
»Haben Sie das auch schon erfahren? Na, dann ist’s gut. Dann sind Sie mein
Mann. Sehen Sie, wir sind doch auf einem deutschen Schiff, es gehört der
Hamburg-Amerika-Linie, warum sind wir nicht lauter Deutsche hier? Warum
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Amerika
- Title
- Amerika
- Author
- Franz Kafka
- Date
- 1927
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 212
- Keywords
- Der Verschollene, Literatur, Schriftsteller, Erzählung
- Categories
- Weiteres Belletristik