Page - 9 - in Amerika
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schwanken. Auf ihren Masten trugen sie schmale, aber lange Flaggen, die
zwar durch die Fahrt gestrafft wurden, trotzdem aber noch hin und her
zappelten. Wahrscheinlich von Kriegsschiffen her erklangen Salutschüsse, die
Kanonenrohre eines solchen nicht allzuweit vorüberfahrenden Schiffes,
strahlend mit dem Reflex ihres Stahlmantels, waren wie gehätschelt von der
sicheren, glatten und doch nicht waagrechten Fahrt. Die kleinen Schiffchen
und Boote konnte man, wenigstens von der Tür aus, nur in der Ferne
beobachten, wie sie in Mengen in die Öffnungen zwischen den großen
Schiffen einliefen. Hinter alledem aber stand New York und sah Karl mit
hunderttausend Fenstern seiner Wolkenkratzer an. Ja, in diesem Zimmer
wußte man, wo man war.
An einem runden Tisch saßen drei Herren, der eine ein Schiffsoffizier in
blauer Schiffsuniform, die zwei anderen, Beamte der Hafenbehörde, in
schwarzen amerikanischen Uniformen. Auf dem Tisch lagen,
hochaufgeschichtet, verschiedene Dokumente, welche der Offizier zuerst mit
der Feder in der Hand überflog, um sie dann den beiden anderen zu reichen,
die bald lasen, bald exzerpierten, bald in ihre Aktentaschen einlegten, wenn
nicht gerade der eine, der fast ununterbrochen ein kleines Geräusch mit den
Zähnen vollführte, seinem Kollegen etwas in ein Protokoll diktierte.
Am Fenster saß an einem Schreibtisch, den Rücken der Tür zugewendet,
ein kleinerer Herr, der mit großen Folianten hantierte, die auf einem starken
Bücherbrett in Kopfhöhe vor ihm aneinandergereiht waren. Neben ihm stand
eine offene, wenigstens auf den ersten Blick leere Kassa.
Das zweite Fenster war leer und gab den besten Ausblick. In der Nähe des
dritten aber standen zwei Herren in halblautem Gespräch. Der eine lehnte
neben dem Fenster, trug auch die Schiffsuniform und spielte mit dem Griff
des Degens. Derjenige, mit dem er sprach, war dem Fenster zugewendet und
enthüllte hie und da durch eine Bewegung einen Teil der Ordensreihe auf der
Brust des andern. Er war in Zivil und hatte ein dünnes Bambusstöckchen, das,
da er beide Hände an den Hüften festhielt, auch wie ein Degen abstand.
Karl hatte nicht viel Zeit, alles anzusehen, denn bald trat ein Diener auf sie
zu und fragte den Heizer mit einem Blick, als gehöre er nicht hierher, was er
denn wolle. Der Heizer antwortete, so leise als er gefragt wurde, er wolle mit
dem Herrn Oberkassier reden. Der Diener lehnte für seinen Teil mit einer
Handbewegung diese Bitte ab, ging aber dennoch auf den Fußspitzen, dem
runden Tisch in großem Bogen ausweichend, zu dem Herrn mit den
Folianten. Dieser Herr – das sah man deutlich – erstarrte geradezu unter den
Worten des Dieners, kehrte sich aber endlich nach dem Manne um, der ihn zu
sprechen wünschte, und fuchtelte dann, streng abwehrend, gegen den Heizer
und der Sicherheit halber auch gegen den Diener hin. Der Diener kehrte
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Amerika
- Title
- Amerika
- Author
- Franz Kafka
- Date
- 1927
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 212
- Keywords
- Der Verschollene, Literatur, Schriftsteller, Erzählung
- Categories
- Weiteres Belletristik