Page - 14 - in Amerika
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geheimen VorwĂŒrfe gegen sich, und in der guten Absicht, sie ihm auszureden,
fing er zur Krönung seiner Taten mit Karl jetzt zu streiten an. Jetzt, wo doch
die Herren am runden Tisch lĂ€ngst empört ĂŒber den nutzlosen LĂ€rm waren,
der ihre wichtigen Arbeiten störte, wo der Hauptkassier allmÀhlich die Geduld
des KapitÀns unverstÀndlich fand und zum sofortigen Ausbruch neigte, wo
der Diener, ganz wieder in der SphÀre seiner Herren, den Heizer mit wildem
Blicke maĂ, und wo endlich der Herr mit dem Bambusstöckchen, zu welchem
sogar der KapitĂ€n hie und da freundlich hinĂŒbersah, schon gĂ€nzlich
abgestumpft gegen den Heizer, ja von ihm angewidert, ein kleines Notizbuch
hervorzog und, offenbar mit ganz anderen Angelegenheiten beschÀftigt, die
Augen zwischen dem Notizbuch und Karl hin und her wandern lieĂ.
»Ich weiĂ ja«, sagte Karl, der MĂŒhe hatte, den jetzt gegen ihn gekehrten
Schwall des Heizers abzuwehren, trotzdem aber quer durch allen Streit noch
ein FreundeslĂ€cheln fĂŒr ihn ĂŒbrig hatte, »Sie haben recht, recht, ich habe ja
nie daran gezweifelt.« Er hÀtte ihm gern aus Furcht vor SchlÀgen die
herumfahrenden HĂ€nde gehalten, noch lieber allerdings ihn in einen Winkel
gedrĂ€ngt, um ihm ein paar leise, beruhigende Worte zuzuflĂŒstern, die niemand
sonst hĂ€tte hören mĂŒssen. Aber der Heizer war auĂer Rand und Band. Karl
begann jetzt schon sogar aus dem Gedanken eine Art Trost zu schöpfen, daĂ
der Heizer im Notfall mit der Kraft seiner Verzweiflung alle anwesenden
sieben MÀnner bezwingen könne. Allerdings lag auf dem Schreibtisch, wie
ein Blick dorthin lehrte, ein Aufsatz mit viel zu vielen Druckknöpfen der
elektrischen Leitung; und eine Hand, einfach auf sie niedergedrĂŒckt, konnte
das ganze Schiff mit allen seinen von feindlichen Menschen gefĂŒllten GĂ€ngen
rebellisch machen.
Da trat der doch so uninteressierte Herr mit dem Bambusstöckchen auf
Karl zu und fragte, nicht ĂŒberlaut, aber deutlich ĂŒber allem Geschrei des
Heizers: »Wie heiĂen Sie denn eigentlich?« In diesem Augenblick, als hĂ€tte
jemand hinter der TĂŒr auf diese ĂuĂerung des Herrn gewartet, klopfte es. Der
Diener sah zum KapitĂ€n hinĂŒber, dieser nickte. Daher ging der Diener zur TĂŒr
und öffnete sie. DrauĂen stand in einem alten Kaiserrock ein Mann von
mittleren Proportionen, seinem Ansehen nach nicht eigentlich zur Arbeit an
den Maschinen geeignet, und war doch â Schubal. Wenn es Karl nicht an aller
Augen erkannt hĂ€tte, die eine gewisse Befriedigung ausdrĂŒckten, von der
nicht einmal der KapitÀn frei war, er hÀtte es zu seinem Schrecken am Heizer
sehen mĂŒssen, der die FĂ€uste an den gestrafften Armen so ballte, als sei diese
Ballung das Wichtigste an ihm, dem er alles, was er an Leben habe, zu opfern
bereit sei. Da steckte jetzt alle seine Kraft, auch die, welche ihn ĂŒberhaupt
aufrecht erhielt.
Und da war also der Feind, frei und frisch im Festanzug, unter dem Arm
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Amerika
- Title
- Amerika
- Author
- Franz Kafka
- Date
- 1927
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 212
- Keywords
- Der Verschollene, Literatur, Schriftsteller, ErzÀhlung
- Categories
- Weiteres Belletristik