Page - 15 - in Amerika
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ein Geschäftsbuch, wahrscheinlich die Lohnlisten und Arbeitsausweise des
Heizers, und sah mit dem ungescheuten Zugeständnis, daß er die Stimmung
jedes einzelnen vor allem feststellen wolle, in aller Augen der Reihe nach.
Die sieben waren auch schon alle seine Freunde, denn wenn auch der Kapitän
früher gewisse Einwände gegen ihn gehabt oder vielleicht nur vorgeschützt
hatte, nach dem Leid, das ihm der Heizer angetan hatte, schien ihm
wahrscheinlich an Schubal auch das geringste nicht mehr auszusetzen. Gegen
einen Mann wie den Heizer konnte man nicht streng genug verfahren, und
wenn dem Schubal etwas vorzuwerfen war, so war es der Umstand, daß er die
Widerspenstigkeit des Heizers im Laufe der Zeit nicht so weit hatte brechen
können, daß es dieser heute noch gewagt hatte, vor dem Kapitän zu
erscheinen.
Nun konnte man ja vielleicht noch annehmen, die Gegenüberstellung des
Heizers und Schubals werde die ihr vor einem höheren Forum zukommende
Wirkung auch vor den Menschen nicht verfehlen, denn wenn sich auch
Schubal gut verstellen konnte, er mußte es doch durchaus nicht bis zum Ende
aushalten können. Ein kurzes Aufblitzen seiner Schlechtigkeit sollte genügen,
um sie den Herren sichtbar zu machen, dafür wollte Karl schon sorgen. Er
kannte doch schon beiläufig den Scharfsinn, die Schwächen, die Launen der
einzelnen Herren, und unter diesem Gesichtspunkt war die bisher hier
verbrachte Zeit nicht verloren. Wenn nur der Heizer besser auf dem Platz
gewesen wäre, aber der schien vollständig kampfunfähig. Wenn man ihm den
Schubal hingehalten hätte, hätte er wohl dessen gehaßten Schädel mit den
Fäusten aufklopfen können. Aber schon die paar Schritte zu ihm hinzugehen,
war er wohl kaum imstande. Warum hatte denn Karl das so leicht
Vorauszusehende nicht vorausgesehen, daß Schubal endlich kommen müsse,
wenn nicht aus eigenem Antrieb, so vom Kapitän gerufen? Warum hatte er
auf dem Herweg mit dem Heizer nicht einen genauen Kriegsplan besprochen,
statt, wie sie es in Wirklichkeit getan hatten, heillos unvorbereitet einfach dort
einzutreten, wo eine Tür war? Konnte der Heizer überhaupt noch reden, ja
und nein sagen, wie es bei dem Kreuzverhör, das allerdings nur im
günstigsten Fall bevorstand, nötig sein würde? Er stand da, die Beine
auseinandergestellt, die Knie unsicher, den Kopf etwas gehoben, und die Luft
verkehrte durch den offenen Mund, als gäbe es innen keine Lungen mehr, die
sie verarbeiteten.
Karl allerdings fühlte sich so kräftig und bei Verstand, wie er es vielleicht
zu Hause niemals gewesen war. Wenn ihn doch seine Eltern sehen könnten,
wie er in fremdem Land vor angesehenen Persönlichkeiten das Gute verfocht
und, wenn er es auch noch nicht zum Siege gebracht hatte, so doch zur letzten
Eroberung sich vollkommen bereitstellte! Würden sie ihre Meinung über ihn
revidieren? Ihn zwischen sich niedersetzen und loben? Ihm einmal, einmal in
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book Amerika"
Amerika
- Title
- Amerika
- Author
- Franz Kafka
- Date
- 1927
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 212
- Keywords
- Der Verschollene, Literatur, Schriftsteller, Erzählung
- Categories
- Weiteres Belletristik