Page - 17 - in Amerika
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Aufmerksamkeit dankend. Und fragte dann Karl nochmals: »Wie heißen Sie
eigentlich?”
Karl, welcher glaubte, es sei im Interesse der großen Hauptsache gelegen,
wenn dieser Zwischenfall des hartnäckigen Fragers bald erledigt würde,
antwortete kurz, ohne, wie es seine Gewohnheit war, durch Vorweisung des
Passes sich vorzustellen, den er erst hätte suchen müssen: »Karl Roßmann.«
»Aber«, sagte der mit Jakob Angesprochene und trat zuerst fast ungläubig
lächelnd zurück. Auch der Kapitän, der Oberkassier, der Schiffsoffizier, ja
sogar der Diener zeigten deutlich ein übermäßiges Erstaunen wegen Karls
Namen. Nur die Herren von der Hafenbehörde und Schubal verhielten sich
gleichmütig.
»Aber«, wiederholte Herr Jakob und trat mit etwas steifen Schritten auf
Karl zu, »dann bin ich ja dein Onkel Jakob, und du bist mein lieber Neffe.
Ahnte ich es doch die ganze Zeit über!« sagte er zum Kapitän hin, ehe er Karl
umarmte und küßte, der alles stumm geschehen ließ.
»Wie heißen Sie?« fragte Karl, nachdem er sich losgelassen fühlte, zwar
sehr höflich, aber gänzlich ungerührt, und strengte sich an, die Folgen
abzusehen, welche dieses neue Ereignis für den Heizer haben dürfte.
Vorläufig deutete nichts darauf hin, daß Schubal aus dieser Sache Nutzen
ziehen könnte.
»Begreifen Sie doch, junger Mann, Ihr Glück«, sagte der Kapitän, der
durch Karls Frage die Würde der Person des Herrn Jakob verletzt glaubte, der
sich zum Fenster gestellt hatte, offenbar, um sein aufgeregtes Gesicht, das er
überdies mit einem Taschentuch betupfte, den andern nicht zeigen zu müssen.
»Es ist der Senator Edward Jakob, der sich Ihnen als Ihr Onkel zu erkennen
gegeben hat. Es erwartet Sie nunmehr, doch wohl ganz gegen Ihre bisherigen
Erwartungen, eine glänzende Laufbahn. Versuchen Sie das einzusehen, so gut
es im Augenblick geht, und fassen Sie sich!«
»Ich habe allerdings einen Onkel Jakob in Amerika«, sagte Karl zum
Kapitän gewendet, »aber wenn ich recht verstanden habe, ist Jakob bloß der
Zuname des Herrn Senators.
»So ist es«, sagte der Kapitän würdevoll.
»Nun, mein Onkel Jakob, welcher der Bruder meiner Mutter ist, heißt aber
mit dem Taufnamen Jakob, während sein Zuname natürlich gleich jenem
meiner Mutter lauten müßte, welche eine geborene Bendelmayer ist.«
»Meine Herren!« rief der Senator, der von seinem Erholungsposten vom
Fenster munter zurückkehrte, mit Bezug auf Karls Erklärung aus. Alle mit
Ausnahme des Hafenbeamten brachen in Lachen aus, manche wie in
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Amerika
- Title
- Amerika
- Author
- Franz Kafka
- Date
- 1927
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 212
- Keywords
- Der Verschollene, Literatur, Schriftsteller, Erzählung
- Categories
- Weiteres Belletristik