Page - 24 - in Amerika
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des Heizers küßte, und nahm die rissige, fast leblose Hand und drückte sie an
seine Wangen, wie einen Schatz, auf den man verzichten muß. – Da war aber
auch schon der Onkel Senator an seiner Seite und zog ihn, wenn auch nur mit
dem leichtesten Zwange, fort.
»Der Heizer scheint dich bezaubert zu haben,« sagte er und sah
verständnisinnig über Karls Kopf zum Kapitän hin.
»Du hast dich verlassen gefühlt, da hast du den Heizer gefunden und bist
ihm jetzt dankbar, das ist ja ganz löblich. Treibe das aber, schon mir zuliebe,
nicht zu weit und lerne deine Stellung begreifen.«
Vor der Tür entstand ein Lärmen, man hörte Rufe, und es war sogar, als
werde jemand brutal gegen die Türe gestoßen. Ein Matrose trat ein, etwas
verwildert, und hatte eine Mädchenschürze umgebunden. »Es sind Leute
draußen«, rief er und stieß einmal mit dem Ellbogen herum, als sei er noch im
Gedränge. Endlich fand er seine Besinnung und wollte vor dem Kapitän
salutieren, da bemerkte er die Mädchenschürze, riß sie herunter, warf sie zu
Boden und rief: »Das ist ja ekelhaft, da haben sie mir eine Mädchenschürze
umgebunden.« Dann aber klappte er die Hacken zusammen und salutierte.
Jemand versuchte zu lachen, aber der Kapitän sagte streng: »Das nenne ich
eine gute Laune. Wer ist denn draußen?«
»Es sind meine Zeugen«, sagte Schubal vortretend, »ich bitte ergebenst um
Entschuldigung für ihr unpassendes Benehmen. Wenn die Leute die Seefahrt
hinter sich haben, sind sie manchmal wie toll.«
»Rufen Sie sie sofort herein!« befahl der Kapitän, und gleich sich zum
Senator umwendend, sagte er verbindlich, aber rasch: »Haben Sie jetzt die
Güte, verehrter Herr Senator, mit Ihrem Herrn Neffen diesem Matrosen zu
folgen, der Sie ins Boot bringen wird. Ich muß wohl nicht erst sagen, welches
Vergnügen und welche Ehre mir das persönliche Bekanntwerden mit Ihnen,
Herr Senator, bereitet hat. Ich wünsche mir nur, bald Gelegenheit zu haben,
mit Ihnen, Herr Senator, unser unterbrochenes Gespräch über die
amerikanischen Flottenverhältnisse wieder einmal aufnehmen zu können und
dann vielleicht neuerdings auf so angenehme Weise, wie heute, unterbrochen
zu werden.«
»Vorläufig genügt mir dieser eine Neffe«, sagte der Onkel lachend. »Und
nun nehmen Sie meinen besten Dank für Ihre Liebenswürdigkeit und leben
Sie wohl. Es wäre übrigens gar nicht so unmöglich, daß wir« – er drückte
Karl herzlich an sich – »bei unserer nächsten Europareise vielleicht für
längere Zeit mit Ihnen zusammenkommen könnten.«
»Es würde mich herzlich freuen«, sagte der Kapitän. Die beiden Herren
schüttelten einander die Hände, Karl konnte nur noch stumm und flüchtig
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Amerika
- Title
- Amerika
- Author
- Franz Kafka
- Date
- 1927
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 212
- Keywords
- Der Verschollene, Literatur, Schriftsteller, Erzählung
- Categories
- Weiteres Belletristik