Page - 52 - in Amerika
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»Setzt Sie das in solches Erstaunen?« fragte der Diener.
»Ich will es mir nur zurechtlegen. Wenn man solche Beziehungen nicht
kennt, kann man ja die größten Fehler machen«, antwortete Karl.
»Es wundert mich nur, daß man Ihnen davon nichts gesagt hat«, sagte der
Diener.
»Ja, wirklich«, sagte Karl beschämt.
»Wahrscheinlich dachte man, Sie wüßten es«, sagte der Diener, »es ist ja
keine Neuigkeit. Hier sind wir übrigens«, und öffnete eine Tür, hinter der sich
eine Treppe zeigte, die senkrecht zu der Hintertüre des ebenso wie bei der
Ankunft hell beleuchteten Speisezimmers führte.
Ehe Karl in das Speisezimmer eintrat, aus dem man die Stimmen Herrn
Pollunders und Herrn Greens unverändert wie vor nun wohl schon zwei
Stunden hörte, sagte der Diener: »Wenn Sie wollen, erwarte ich Sie hier und
führe Sie dann in Ihr Zimmer. Es macht immerhin Schwierigkeiten, sich
gleich am ersten Abend hier auszukennen.«
»Ich werde nicht mehr in mein Zimmer zurückkehren,« sagte Karl und
wußte nicht, warum er bei dieser Auskunft traurig wurde.
»Es wird nicht so arg sein«, sagte der Diener, ein wenig überlegen lächelnd,
und klopfte ihm auf den Arm. Er hatte sich wahrscheinlich Karls Worte dahin
erklärt, daß Karl beabsichtige, während der ganzen Nacht im Speisezimmer
zu bleiben, sich mit den Herren zu unterhalten und mit ihnen zu trinken. Karl
wollte jetzt keine Bekenntnisse machen, außerdem dachte er, der Diener, der
ihm besser gefiel als die anderen hiesigen Diener, könne ihm ja dann die
Wegrichtung nach New York zeigen, und sagte deshalb: »Wenn Sie hier
warten wollen, so ist das sicherlich eine große Freundlichkeit von Ihnen, und
ich nehme sie dankbar an. Jedenfalls werde ich in einer kleinen Weile
herauskommen und Ihnen dann sagen, was ich weiter tun werde. Ich denke
schon, daß mir Ihre Hilfe noch nötig sein wird.« »Gut«, sagte der Diener,
stellte die Laterne auf den Boden und setzte sich auf ein niedriges Postament,
dessen Leere wahrscheinlich auch mit dem Umbau des Hauses
zusammenhing. »Ich werde also hier warten. Die Kerze können Sie auch bei
mir lassen«, sagte der Diener noch, als Karl mit der brennenden Kerze in den
Saal gehen wollte.
»Ich bin aber zerstreut«, sagte Karl und reichte die Kerze dem Diener hin,
welcher ihm bloß zunickte, ohne daß man wußte, ob er es mit Absicht tat oder
ob es eine Folge dessen war, daß er mit der Hand seinen Bart strich.
Karl öffnete die Tür, die ohne seine Schuld laut erklirrte, denn sie bestand
aus einer einzigen Glasplatte, die sich fast bog, wenn die Tür rasch geöffnet
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Amerika
- Title
- Amerika
- Author
- Franz Kafka
- Date
- 1927
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 212
- Keywords
- Der Verschollene, Literatur, Schriftsteller, Erzählung
- Categories
- Weiteres Belletristik