Page - 74 - in Amerika
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mehrmals wiederholt hatte, auch tat. Nur klagte er ununterbrochen über die
Schwere des Koffers, bis es sich zeigte, daß er nur die Absicht hatte, den
Koffer um die Veroneser Salami zu erleichtern, die ihm wohl schon im Hotel
angenehm aufgefallen war. Karl mußte sie auspacken, der Franzose nahm sie
zu sich, um sie mit seinem dolchartigen Messer zu behandeln und fast ganz
allein aufzuessen. Robinson bekam nur hie und da eine Schnitte, Karl
dagegen, der wieder den Koffer tragen mußte, wenn er ihn nicht auf der
Landstraße stehen lassen wollte, bekam nichts, als hätte er sich seinen Anteil
schon im voraus genommen. Es schien ihm zu kleinlich, um ein Stückchen zu
betteln, aber die Galle regte sich in ihm.
Aller Nebel war schon verschwunden, in der Ferne erglänzte ein hohes
Gebirge, das mit welligem Kamm in noch ferneren Sonnendunst führte. An
der Seite der Straße lagen schlecht bebaute Felder, die sich um große
Fabriken hinzogen, die dunkel angeraucht im freien Lande standen. In den
wahllos hingestellten einzelnen Mietskasernen zitterten die vielen Fenster in
der mannigfaltigsten Bewegung und Beleuchtung, und auf all den kleinen,
schwachen Balkonen hatten Frauen und Kinder vielerlei zu tun, während um
sie herum, sie verdeckend und enthüllend, aufgehängte und hingelegte Tücher
und Wäschestücke im Morgenwind flatterten und mächtig sich bauschten.
Glitten die Blicke von den Häusern ab, dann sah man Lerchen hoch am
Himmel fliegen und unten wieder die Schwalben, nicht allzuweit über den
Köpfen der Fahrenden.
Vieles erinnerte Karl an seine Heimat und er wußte nicht, ob er gut daran
tue, New York zu verlassen und in das Innere des Landes zu gehen. In New
York war das Meer und zu jeder Zeit die Möglichkeit der Rückkehr in die
Heimat. Und so blieb er stehen und sagte zu seinen beiden Begleitern, er habe
doch wieder Lust, in New York zu bleiben. Und als Delamarche ihn einfach
weitertreiben wollte, ließ er sich nicht treiben und sagte, daß er doch wohl
noch das Recht habe, über sich zu entscheiden. Der Irländer mußte erst
vermitteln und erklären, daß Butterford viel schöner als New York sei, und
beide mußten ihn noch sehr bitten, ehe er wieder weiterging. Und selbst dann
wäre er noch nicht gegangen, wenn er sich nicht gesagt hätte, daß es für ihn
vielleicht besser sei, an einen Ort zu kommen, wo die Möglichkeit der
Rückkehr in die Heimat keine so leichte sei. Gewiß werde er dort besser
arbeiten und vorwärtskommen, da ihn keine unnützen Gedanken hindern
würden. Und nun war er es, der die beiden anderen zog, und sie freuten sich
so sehr über seinen Eifer, daß sie, ohne sich erst bitten zu lassen, den Koffer
abwechselnd trugen und Karl gar nicht recht verstand, womit er ihnen
eigentlich diese Freude verursache. Sie kamen in eine ansteigende Gegend,
und wenn sie hie und da stehenblieben, konnten sie beim Rückblick das
Panorama New Yorks und seines Hafens immer ausgedehnter sich entwickeln
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book Amerika"
Amerika
- Title
- Amerika
- Author
- Franz Kafka
- Date
- 1927
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 212
- Keywords
- Der Verschollene, Literatur, Schriftsteller, Erzählung
- Categories
- Weiteres Belletristik