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wenigen Augenblicken in sich aufgenommen, und mit leichten Kopfschmerzen folgte er still dem Oberportier, der ihn weiterführte. Offenbar hatte auch der Oberportier den großen Eindruck beachtet, den diese Art der Auskunftserteilung auf Karl gemacht hatte, und er riß plötzlich an Karls Hand und sagte: »Siehst du, so wird hier gearbeitet.« Karl hatte ja allerdings hier im Hotel nicht gefaulenzt, aber von solcher Arbeit hatte er doch keine Ahnung gehabt, und fast völlig vergessend, daß der Oberportier sein großer Feind war, sah er zu ihm auf und nickte stumm und anerkennend mit dem Kopf. Das schien dem Oberportier aber wieder eine Überschätzung des Unterportiers und vielleicht eine Unhöflichkeit gegenüber seiner Person zu sein, denn als hätte er Karl zum Narren gehalten, rief er, ohne Besorgnis, daß man ihn hören könnte: »Natürlich ist dieses hier die dümmste Arbeit im ganzen Hotel; wenn man eine Stunde zugehört hat, kennt man so ziemlich alle Fragen, die gestellt werden, und den Rest braucht man ja nicht zu beantworten. Wenn du nicht frech und ungezogen gewesen wärest, gelogen, gelumpt, gesoffen und gestohlen hättest, hätte ich dich vielleicht bei so einem Fenster anstellen können, denn dazu kann ich ausschließlich nur vernagelte Köpfe brauchen.« Karl überhörte gänzlich die Beschimpfung, soweit sie ihn betraf, so sehr war er darüber empört, daß die ehrliche und schwere Arbeit der Unterportiers, statt anerkannt zu werden, verhöhnt wurde, und überdies verhöhnt von einem Mann, der, wenn er es gewagt hätte, sich einmal zu einem solchen Schalter zu setzen, gewiß nach ein paar Minuten unter dem Gelächter aller Frager hätte abziehen müssen. »Lassen Sie mich«, sagte Karl, seine Neugierde in betreff der Portierloge war bis zum Übermaß gestillt, »ich will mit Ihnen nichts mehr zu tun haben.« »Das genügt nicht, um fortzukommen«, sagte der Oberportier, drückte Karls Arme, daß dieser sie gar nicht rühren konnte, und trug ihn förmlich an das andere Ende der Portierloge. Sahen die Leute draußen diese Gewalttätigkeit des Oberportiers nicht? Oder, wenn sie es sahen, wie faßten sie sie denn auf, daß keiner sich darüber aufhielt, daß niemand wenigstens an die Scheibe klopfte, um dem Oberportier zu zeigen, daß er beobachtet werde und nicht nach seinem Gutdünken mit Karl verfahren dürfe? Aber bald hatte Karl auch keine Hoffnung mehr, vom Vestibül aus Hilfe zu bekommen, denn der Oberportier griff an eine Schnur und über den Scheiben der halben Portierloge zogen sich im Fluge bis an die letzte Höhe schwarze Vorhänge zusammen. Auch in diesem Teil der Portierloge waren ja Menschen, aber alle in voller Arbeit und ohne Ohr und Auge für alles, was nicht mit ihrer Arbeit zusammenhing. Außerdem waren sie ganz vom Oberportier abhängig und hätten, statt Karl zu helfen, lieber geholfen, alles zu verbergen, was auch immer dem Oberportier eingefallen wäre. Da waren zum 131
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Amerika
Title
Amerika
Author
Franz Kafka
Date
1927
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
212
Keywords
Der Verschollene, Literatur, Schriftsteller, Erzählung
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Der Heizer 3
  2. Der Onkel 26
  3. Ein Landhaus bei New York 38
  4. Weg nach Ramses 67
  5. Hotel Occidental 89
  6. Der Fall Robinson 105
  7. Ein Asyl 137
  8. Das Naturtheater von Oklahoma 182
  9. Fragmente 199
    1. I. 199
    2. II. Ausreise Bruneldas 208
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