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Beispiel sechs Unterportiers bei sechs Telephonen. Die Anordnung war, wie man gleich bemerkte, so getroffen, daß immer einer bloß Gespräche aufnahm, während sein Nachbar nach den vom ersten empfangenen Notizen die Aufträge telephonisch weiterleitete. Es waren dies jene neuesten Telephone, für die keine Telephonzelle nötig war, denn das Glockenläuten war nicht lauter als ein Zirpen, man konnte in das Telephon mit Flüstern hineinsprechen und doch kamen die Worte dank besonderer elektrischer Verstärkungen mit Donnerstimmen an ihrem Ziele an. Deshalb hörte man die drei Sprecher an ihren Telephonen kaum und hätte glauben können, sie beobachteten murmelnd irgendeinen Vorgang in der Telephonmuschel, während die drei anderen, wie betäubt von dem auf sie herandringenden, für die Umgebung im übrigen unhörbaren Lärm, die Köpfe auf das Papier sinken ließen, das zu beschreiben ihre Aufgabe war. Wieder stand auch hier neben jedem der drei Sprecher ein Junge zur Hilfeleistung; diese drei Jungen taten nichts anderes, als abwechselnd den Kopf horchend zu ihrem Herrn zu strecken und dann eilig, als würden sie gestochen, in riesigen, gelben Büchern – die umschlagenden Blättermassen überrauschten bei weitem jedes Geräusch der Telephone – die Telephonnummern herauszusuchen. Karl konnte sich tatsächlich nicht enthalten, das alles genau zu verfolgen, obwohl der Oberportier, der sich gesetzt hatte, ihn in einer Art Umklammerung vor sich hinhielt. »Es ist meine Pflicht«, sagte der Oberportier und schüttelte Karl, als wolle er nur erreichen, daß dieser ihm sein Gesicht zuwende, »das, was der Oberkellner aus welchen Gründen immer versäumt hat, im Namen der Hoteldirektion wenigstens ein wenig nachzuholen. So tritt hier immer jeder für den anderen ein. Ohne das wäre ein so großer Betrieb undenkbar. Du willst vielleicht sagen, daß ich nicht dein unmittelbarer Vorgesetzter bin; nun, desto schöner ist es von mir, daß ich mich dieser sonst verlassenen Sache annehme. Im übrigen bin ich in gewissem Sinne als Oberportier über alle gesetzt, denn mir unterstehen doch alle Tore des Hotels, also dieses Haupttor, die drei Mittel- und die zehn Nebentore, von den unzähligen Türchen und türlosen Ausgängen gar nicht zu reden. Natürlich haben mir alle in Betracht kommenden Bedienungsmannschaften unbedingt zu gehorchen. Gegenüber diesen großen Ehren habe ich natürlich andererseits vor der Hoteldirektion die Verpflichtung, niemanden hinauszulassen, der nur im geringsten verdächtig ist. Gerade du aber kommst mir, weil es mir so beliebt, sogar stark verdächtig vor.« Und vor Freude darüber hob er die Hände und ließ sie wieder stark zurückschlagen, daß es klatschte und wehtat. »Es ist möglich«, fügte er hinzu und unterhielt sich dabei königlich, »daß du bei einem anderen Ausgang unbemerkt hinausgekommen wärest, denn du standest mir natürlich nicht dafür, besondere Anweisungen deinetwegen ergehen zu lassen. Aber da du 132
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Amerika
Title
Amerika
Author
Franz Kafka
Date
1927
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
212
Keywords
Der Verschollene, Literatur, Schriftsteller, Erzählung
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Der Heizer 3
  2. Der Onkel 26
  3. Ein Landhaus bei New York 38
  4. Weg nach Ramses 67
  5. Hotel Occidental 89
  6. Der Fall Robinson 105
  7. Ein Asyl 137
  8. Das Naturtheater von Oklahoma 182
  9. Fragmente 199
    1. I. 199
    2. II. Ausreise Bruneldas 208
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