Page - 147 - in Amerika
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das Automobil bereits weggefahren, und der Bursche mit der zerfressenen
Nase meldete, ohne über Karls Wiedererscheinen irgendwie zu staunen, er
habe Robinson die Treppe hinaufgetragen. Delamarche nickte ihm bloß zu,
als sei er sein Diener, der eine selbstverständliche Pflicht erfüllt habe, und zog
Karl, der ein wenig zögerte und auf die sonnige Straße sah, mit sich die
Treppe hinauf. »Wir sind gleich oben«, sagte Delamarche einige Male
während des Treppensteigens, aber seine Voraussage wollte sich nicht
erfüllen, immer wieder setzte sich an eine Treppe eine neue in nur unmerklich
veränderter Richtung an. Einmal blieb Karl sogar stehen, nicht eigentlich vor
Müdigkeit, aber vor Wehrlosigkeit gegenüber dieser Treppenlänge. »Die
Wohnung liegt ja sehr hoch«, sagte Delamarche, als sie weitergingen, »aber
auch das hat seine Vorteile. Man geht sehr selten aus, den ganzen Tag ist man
im Schlafrock, wir haben es sehr gemütlich. Natürlich kommen in diese Höhe
auch keine Besuche herauf.«
›Woher sollten denn die Besuche kommen?‹ dachte Karl. Endlich erschien
auf einem Treppenabsatz Robinson vor einer geschlossenen Wohnungstür,
und nun waren sie angelangt; die Treppe war noch nicht einmal zu Ende,
sondern führte im Halbdunkel weiter, ohne daß irgend etwas auf ihren
baldigen Abschluß hinzudeuten schien.
»Ich habe es mir ja gedacht«, sagte Robinson leise, als bedrückten ihn noch
Schmerzen. »Delamarche bringt ihn! Roßmann, was wärest du ohne
Delamarche!« Robinson stand in Unterkleidung da und suchte sich nur,
soweit es möglich war, in die kleine Bettdecke einzuwickeln, die man ihm aus
dem Hotel Occidental mitgegeben hatte; es war nicht einzusehen, warum er
nicht in die Wohnung ging, statt hier vor möglicherweise vorüberkommenden
Leuten sich lächerlich zu machen.
»Schläft sie?« fragte Delamarche.
»Ich glaube nicht«, sagte Robinson, »aber ich habe doch lieber gewartet,
bis du kommst.«
»Zuerst müssen wir schauen, ob sie schläft«, sagte Delamarche und beugte
sich zum Schlüsselloch. Nachdem er lange unter verschiedenartigen
Kopfdrehungen hindurchgeschaut hatte, erhob er sich und sagte: »Man sieht
sie nicht genau, das Rouleau ist heruntergelassen. Sie sitzt auf dem Kanapee,
aber vielleicht schläft sie.«
»Ist sie denn krank?« fragte Karl, denn Delamarche stand da, als bitte er
um Rat. Nun aber fragte er in scharfem Tone zurück: »Krank?«
»Er kennt sie ja nicht«, sagte Robinson entschuldigend.
Ein paar Türen weiter waren zwei Frauen auf den Korridor getreten, sie
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Amerika
- Title
- Amerika
- Author
- Franz Kafka
- Date
- 1927
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 212
- Keywords
- Der Verschollene, Literatur, Schriftsteller, Erzählung
- Categories
- Weiteres Belletristik