Page - 160 - in Amerika
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mit den Leuten zu reden, und so habe ich nur das Geschirr hingelegt und
wollte weggehen. Da ist er zu mir gegangen und hat gesagt: ›Hören Sie,
Mann, treiben Sie die Sache nicht zum Äußersten, Sie sind krank.‹ ›Ja, also,
ich bitte, was soll ich denn machen?‹ habe ich gefragt. ›Das ist Ihre Sache‹,
hat er gesagt und hat sich umgedreht. Die anderen dort bei Tisch haben
gelacht, wir haben ja hier überall Feinde, und so bin ich lieber weggegangen.«
»Also Leuten, die dich zum Narren halten, glaubst du, und Leuten, die es
gut mit dir meinen, glaubst du nicht.«
»Aber ich muß doch wissen, wie mir ist«, fuhr Robinson auf, kehrte aber
gleich wieder zum Weinen zurück.
»Du weißt eben nicht, was dir fehlt, du solltest irgendeine ordentliche
Arbeit für dich suchen, statt hier Delamarches Diener zu machen. Denn
soweit ich nach deinen Erzählungen und nach dem, was ich selbst gesehen
habe, urteilen kann, ist das hier kein Dienst, sondern eine Sklaverei. Das kann
kein Mensch ertragen, das glaube ich dir. Du aber denkst, weil du
Delamarches Freund bist, darfst du ihn nicht verlassen. Das ist falsch; wenn
er nicht einsieht, was für ein elendes Leben du führst, so hast du ihm
gegenüber nicht die geringsten Verpflichtungen mehr.«
»Du glaubst also wirklich, Roßmann, daß ich mich wieder erholen werde,
wenn ich das Dienen hier aufgebe?«
»Gewiß«, sagte Karl.
»Gewiß?« fragte nochmals Robinson.
»Ganz gewiß«, sagte Karl lächelnd.
»Dann könnte ich ja gleich anfangen, mich zu erholen«, sagte Robinson
und sah Karl an.
»Wieso denn?« fragte dieser.
»Nun, weil du doch meine Arbeit hier übernehmen sollst«, antwortete
Robinson.
»Wer hat dir denn das gesagt?« fragte Karl.
»Das ist doch ein alter Plan. Davon wird ja schon seit einigen Tagen
gesprochen. Es hat damit angefangen, daß Brunelda mich ausgezankt hat,
weil ich die Wohnung nicht sauber genug halte. Natürlich habe ich
versprochen, daß ich alles gleich in Ordnung bringen werde. Nun, das ist aber
sehr schwer. Ich kann zum Beispiel in meinem Zustand nicht überallhin
kriechen, um den Staub wegzuwischen, man kann sich schon in der Mitte des
Zimmers nicht rühren, wie erst dort zwischen den Möbeln und den Vorräten?
Und wenn man alles genau reinigen will, muß man doch auch die Möbel von
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book Amerika"
Amerika
- Title
- Amerika
- Author
- Franz Kafka
- Date
- 1927
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 212
- Keywords
- Der Verschollene, Literatur, Schriftsteller, Erzählung
- Categories
- Weiteres Belletristik