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Dem Geiste der Humanität des verflossenen Jahrhunderts entsprechend traten mit
dem Anwachse» der Bevölkerung und der Vermehrung der Gesellen und Arbeiter auch
große Veränderungen in der öffentlichen Armen- und Krankenpflege ein. Strenge
Verordnungen beschränkten das Bettclwesen. Seit Leopold I. bethätigten der Hof. der
Adel und andere Wohlthäter ihre Nächstenliebe durch neue ins Leben gerufene Anstalten
und Stiftungen in großartigem Maße; diese vermehrten sich durch das Großarmen- und
Invalidenhaus, das spanische Spital in der Waisenhausgasfe, das Dreifaltigkeitsspital
am Rennweg, das Iohannisspital in der Invalidenftraße, das Armenhaus im Münz-
wardeinhof in Gumpendorf, das Armenhaus zum blauen Herrgott in der Spitalgasse,
das Waisenhans am Rcnnnieg und zwölf Grundspitäler in den Vorstädten. Für Bettler,
Vagabunden und arbeitslose Personen wurde außer dem schon vorhandenen Zucht- und
Arbeitshause in der Leopoldstadt das Schloß Kaiser Ebersdorf eingerichtet. Eine neue
Epoche der Armen- und Krankenpflege begründete Kaiser Josef II. Das Spital bei
St. Clara wnrde nach St, Marx verlegt und ausschließlich für Bürger bestimmt, der Klag-
baum auf der Wiedeu aufgelassen. Für nicht bürgerliche Arme wurden die Anstalten in
der Spitalgasse, in der W ährin gerstraße und „der lange Keller" am Nenstift, ferner die
Kaserne zu Mbs, das Karthäufcrllostcr zu Mauerbach und später auch die Kaserne Zu
St. Andrae an der Traisen bestimmt. Der Krankenpflege widniete der Kaiser das Groß-
armenhaus in der Alserstraße, das Lazarett) und den Contumazhof, den Findlingen den
Melkcrgarten in der Alscrstraße und den Waisen das spanische Spital in der Waisen-
hausgaffe. Aus dem Vermögen der aufgehobenen Vruderfchaftcn und der früheren
Armenkasse bildete er zur Unterstützung von Armen einen besonderen Fond für das Armen-
Institut der Liebe zum Nächsten.
Unausgesetzt waren die Bemühungen des Staates, Wien als Industrie- und
Handelsstadt zu fördern und damit zugleich die Zahl und die Wohlhabenheit der Bürger
zu vermehren. Um den Unternehmungsgeist zu beleben, bewirkte der Staat, daß sich
Männer fanden, welche Fabriken anlegten, und daß sich Arbeiter aus Deutschland,
Frankreich und den Niederlanden in Wien niederließen, bis diese durch einheimische
Arbeitskräfte erfetzt waren, damit die bisher aus dem Auslande bezogenen Waaren in der
Hauptstadt selbst erzeugt würden. So entstanden zu Anfang des XVIII. Jahrhunderts die
ersten Fabriten für feine mit Gold und Silber durchwirkte Seidenstoffe am Neubau uud
am alten Tabor, für Instrumente, Maschinen, Blechwaaren nnd Tücher iu der Leopold-
stadt, für feine seidene Strümpfe am Spittelberg uud für Porzcllanwaaren in der Noßnu.
Gleichzeitig errichteten die Besitzer von Fabriken auf dem flachen Laude hier Niederlagen
und Vertaufsgewölbe. Karl VI. gab den Unternehmern Geldvorschüsse, Maria Theresia
bildete einen eigenen Fond zur Anlage neuer Fabriken und Josef II. begünstigte diese
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Volume 1
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Volume
- 1
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1886
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.13 x 22.72 cm
- Pages
- 348
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch
Table of contents
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277