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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Volume 1
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174 Johannes gescholten, riecht sich in Selbstanklageu; er wolle sich nicht lang bedenken, „sondern will mich allsobald selbsteu henken." Wiederum Klagen und Trustreden, Der Schuhengel erscheint und verkündet dein büßenden Sünder die Vergebung seiner Sünden. Kein Sünder auf Erden sei so groß, daß ihm, wenn er sich zu Jesus kehrt, nicht verziehen werde. Der Prolog ruft die Fürbitte der Mutter Gottes an, sämmtliche Personen gehen dreimal stillschweigend um das Grab, und der Prolog spricht kniend ein Schlußgebct. Der dramatische Zug dieses Passiousspiels ist nicht sehr stark. Jede Person spricht sich in der breitesten Weise aus, jede muß warten, bis die andere fertig ist; nur in dem Gespräch zwischen Josef und Pilatus lüftet und lichtet sich der Dialog in etwas, trifft Wort und Antwort näher aufeinander. Der poetische Charakter der Dichtung ist von der Art, daß man wohl merkt, es habe sich hier ein edlerer Geist nach und nach zurück- gezogen. Der Vers ist zerrüttet, die Sprache hat sich vergröbert, der kräftige und finnige Ausdruck des Gedankens uud der Empfindung ist zu Formeln ausgehöhlt. Wenn sonst die altdeutsche Dichtung für die Maricuklage die zartesten uud ergreifendsten Worte findet, so briugt es die Maria des Pasfionsspicls von St, Stefan im besten Falle zu der nicht unschönen Klage: „O wehe, daß ich erlebt den Tag. darau mein Kind gestorben ist", oder zu den ebenso mütterlichen als antidogmatischen Worten: „Ach, ich wollt', ich wäre an feiner Statt." Die schönste Äußerung von allen ist der Maria Magdalena iu den Mnnd gelegt, da sie am Grabe steht und ihr die Zähren „uon den Augen springen", Tie klagt: «ein Lüftchen von Humor rührt sich in diesem Passionsspiele. Die geistliche Dichtung der Deutschen kommt oft von selbst auf den Humor, indem sie den Ernst überspannt: hier aber ist nur ein trauriger Ernst, der sich nicht über fich selbst hinauftreiben läßt. Dieses Passionsfpiel hat sogar ciue polemische Spitze, die sich gegen die heitere Behandlung der Welt wendet, indem der Prolog, die Anwesenden zu strenger Aufmerksamkeit ermahnend, äußert: Wie die Welt jehundei hören will. Das ist nicht mehr der unbefangene Katholicismus, da ist ein fremder Tropfen in das Wiener Blnt gefloffen: man glaubt schou den Drnck der Gegenreformation zn verspüren. Das Drama ist in der Kirche entstanden, es ist hervorgegangen ans dem religiös' künstlerischen Bedürfniß der Gläubigen, die Thatsachen des Heils leibhaftig mit Augen zn sehen, die Gestalten, an welche die Heilsthatsachen sich knüpfen, wie in der Gegenwart fprechen zu hören. Es schließt sich an den Ritus der Kirche an und oft genug mit ihm zusammen. So ist es ein Spiel, dem der Ernst zu Grunde liegt, also ein Kunstwerk im
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Volume 1
Title
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Subtitle
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
Volume
1
Editor
Erzherzog Rudolf
Publisher
k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
Location
Wien
Date
1886
Language
German
License
PD
Size
16.13 x 22.72 cm
Pages
348
Keywords
Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
Categories
Kronprinzenwerk deutsch

Table of contents

  1. Landschaftliche Lage Wiens 3
  2. Zur Geschichte Wiens 5
  3. Wiens architektonische Entwicklung 51
    1. Römische Baudenkmale 51
    2. Mittelalterliche Baudenkmale 52
    3. Baudenkmale des XVI. bis XVIII. Jahrhunderts 62
    4. Die Wiener Architektur des XIX. Jahrhunderts 70
  4. Wiener Volksleben 91
  5. Die Musik in Wien 123
  6. Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
  7. Das Wiener Schauspiel 169
  8. Malerei und Plastik in Wien 205
    1. Vom Mittelalter bis zur Neuzeit 205
    2. Das XIX. Jahrhundert 228
  9. Wiener Kunstindustrie 263
  10. Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild