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Krieg liegen, sind zwei großsprecherische Hasenherzen, die einander mit einer Handvoll
Feiglingen abwechselnd besiegen, je nachdem sich der eine weniger feig geberdet als der
andere. Erst ist Knlikan der Sieger, dann Cyrus. Kulikan will die Prinzessin Pumphia, des
Cyrus Tochter, zur Liebe zwingen, sie ist aber mit dem Heiduken Faustibus längst heimlich
vermählt nnd hält ihrem Gatten die Treue. Kulikan wird besiegt. Cyrus aber, erst empört
über die Liebesteckheit des Heidnken Faustibus, segnet das getreue Paar, Anch Kulilan
überwindet seine Gefühle. Die „Prinzessin Pumphia" war lange Zeit ein Lieblingsstück
der Wiener und iu ihrem Munde lebt sie noch heute sprichwörtlich fort. Die Darstellung
muß in ihrer Weise vollendet gewesen sein, denn neben jenen Häuptern der Wiener Komik
spielte noch Odoardo-Weißkern und der berühmte Liebhaber jener Tage I. K. Huber. Das
Stück, von Kurz geschrieben, stolzirt in steifen Alexandrinern einher, welche die schwankende
Gesinnung der auftretenden Helden und den unvermittelten Wechsel ihrer Stimmungen
noch komischer markiren. Kurz hat es in diesem „kleineu Werte" auf eine „Kritik" oder
Parodie der sonst von vielen deutschen Truppen sehr übel vorgestellten „Tragödien"
abgesehen. Sein Spott scheint die alternde Haupt- und Staatsaction zugleich nüt den
neuen deutschen Trauerspielen, die nach französischem Muster gebaut sind, treffen zu
wollen. Die Wiener Hanswurste wehren sich gegen den Ernst.
Indem die Stegreifcomödie, die HanZwnrstpoffe sich von dem regelmäßigen Schau-
spiele bedroht sieht, wird sie streitbar, und die Geschichte des Theaters wird selbst
dramatisch. In Leipzig ist dem Hanswurst längst die Thüre gewiesen worden, der neue
Geist, der in der deutschen Literatur erwacht, drängt ans das regelmäßige Schanspiel hin.
In Wien ist Josef von Sonnenfels der Hauptuertreter des neuen Geistes, sein bester
und einflußreichster Anwalt. Er kämpft nicht eigentlich gegen den Hanswurst, aber gegen
die Stegreifcomödie, das eigentliche Nest des Hanswurst, Er kämpft gegen den unsauberen
Geist der Bühne, gegen die Roheit, Gemeinheit, die Zote. Er erweckt sich Widersacher,
Freunde des Hanswurst, den Hanswurst selbst. Eines Tages wird die Sache des Theaters
auf das Theater gebracht. Das Stück heißt „Der auf den Parnaß versetzte grüne Hut",
der Verfasser ist Christian Gottlieb Klemm, ein früherer Gesinnuugsgenosse von Sonnenfels.
Apollo, mit ihm die Mufe des Lustspieles, wird vom Olymp herabgeholt, damit sie sich
von der Unschuld des Hanswurst und von der schwarzen Gesinnung seines Verleumders
überzeuge. Hanswurst wird freigesprochen und sein grüner Hut auf den Parnaß verfetzt.
Prehausei spielte bei dieser Gelegenheit den Hanswurst und führte in einer seiner Ver-
kleidungen den Regierungsrath Sounenfels vor, wie er leibte und lebte. Sonnenfels mußte
sich alles Wegwerfende auf den Kopf zusagen lassen, was man der Kritik — dieser scharfen
Magd der Production ^- je nachgesagt hat. Der Regierungsrath benimmt sich wie ein
engherziger Spießbürger: er ruft nach der Polizei. Und die Polizei erscheint, wenn auch
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Volume 1
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Volume
- 1
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1886
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.13 x 22.72 cm
- Pages
- 348
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch
Table of contents
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277