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gegen den Michaelerplatz, Der erste Pächter des Vurgtheaters mußte sich verpflichten,
je nach dem Bedürfnisse des Hofes täglich eiue Oper oder eine Comödie, sei es eine deutsche
oder eine wälsche, aufzuführen, T>a das Pachtgeschäft nicht gedeihen wollte, wurden die
beiden Hoftheater, das am Karntnerthore und das iu der Burg, unter einer Hofdirection
vereinigt; dem Kärntnerthortheater fiel das deutsche Schauspiel zu, in der Burg wechselte
französisches Schauspiel mit italienischer Oper. AIs das Kärutnerthortheater abbrannte,
kam auch das deutfche Schauspiel als Gast in die Burg, doch wanderte es in das ueuerbaute
Haus wieder zurück. Als eiu Zeicheu dafür, wie zähe die alten Theatergewohnheiteu sich
erhielten, ist hervorzuheben, daß das Extemporireu, obgleich das erste regelmäßige Stück
schon 174? aufgeführt mordeu war. erst 1769 in den Hoftheateru ein- für allemal verboten
wurde. Verschiedene Versuche, das Burgtheater zu heben, es mit den Forderungen der
erwachenden deutschen Literatur, die vernehmlich an die Pforte klopfte, in Einklang zu
bringen, fcheiterten an ökonomischen Rücksichten; doch war es immerhin ein Zeichen der
Zeit, daß die französischen Schauspieler, die übrigens Treffliches geleistet hatten und
unauslöschliche Spuren im Burgtheater zurückließen, verabschiedet wurden, 1772.
Diese dramaturgischen Vorspiele haben nur geringe Bedeutung für die Geschichte
des Burgtheaters. Das Burgtheater in dem Sinne, wie wir es heute kennen, hat erst im
Jahre 1776 seinen Anfang genommen. Kaiser Josef, der „große Wollende", wie Herder,
des Mannes großherzige Anlaufe und endliches Scheitern in zwei Worte bannend, ihn
genannt hat, ist der eigentliche Gründer des Vurgtheaters. Von dem frisch aufquellenden
Geiste der deutschen Nationalliteratur lebhaft berührt, durchdrungen von dem Nutzen des
Schauspiels für die Voltsbildung, beschloß er, der dramatischen Kunst eine ehrenvolle,
freie Stätte zu bereiten. Er wies die Pächter, die Vertreter der alten Ansichten, die
Ängstlichen und Besorgten mit den entscheidende» Worten zurück: das deutsche Schauspiel
solle fortan uuter der Verwaltung des Hofes stehen. Das Nurgtheater, eiue Bühne für das
deutsche Schauspiel, ist künftighin Nationaltheater und ^die Schauspieler treten als
t. t. National- und Hofschauspieler in den Dienst des Kaisers. Der erste Obersthofmeister
überbrachte den versammelten Schauspielern den kaiserlichen Nefehli „Daß, nachdem
Seine Majestät das Theater nächst der Burg zum Hof- und Nationaltheater zu erklären
geruht haben, von nun an nichts als gute regelmäßige Originale und wohlgerathene
Übersetzungen aus anderen Sprachen darin aufgeführt werden sollen, und daß die Schau-
spieler bei der Wahl neuer Stücke nicht auf die Menge, sondern auf die Güte derselben
Bedacht zu nehmen haben," Wurde der eigentliche geschäftliche Theil der Theaterleitung
ganz vom Hofe aus beforgt, so wurde die künstlerische Leitung des Instituts, allerdings
nüt stetem Vorbehalte der Genehmigung der obersten Zofdirection, in die Hände der
Schauspieler gelegt. Der Josefinische!, Verfassung des Burgtheaters liegen die Principien
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien, Volume 1
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Wien und Niederösterreich, 1. Abteilung: Wien
- Volume
- 1
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1886
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 16.13 x 22.72 cm
- Pages
- 348
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch
Table of contents
- Landschaftliche Lage Wiens 3
- Zur Geschichte Wiens 5
- Wiens architektonische Entwicklung 51
- Wiener Volksleben 91
- Die Musik in Wien 123
- Die deutsche Literatur in Wien und Niederösterreich 139
- Das Wiener Schauspiel 169
- Malerei und Plastik in Wien 205
- Wiener Kunstindustrie 263
- Voltswirthschaftliches Leben in Wien 277