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Radetzkymarsch
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die Arme ausbreitete und den Schlafrock auseinanderklaffen ließ. Sie umarmten sich so, mit zwei flüchtigen Küssen, und gingen zusammen ins Herrenzimmer. »Ichmöchte einen Schnaps!« sagte Herr Knopfmacher. Doktor Demant öffnete den Schrank, sah eine Weile mehrere Flaschen an und wandte sich um: »Ich kenn’ mich nicht aus«, sagte er, »ich weiß nicht, was dir schmeckt.« Er hatte sich eine Alkoholauswahl zusammenstellen lassen, etwa wie sich ein Ungebildeter eine Bibliothek bestellt. »Du trinkst immer noch nicht!« sagte Herr Knopfmacher. »Hast du Sliwowitz, Arrak, Rum, Cognac, Enzian, Wodka?« fragte er geschwind, wie es seiner Würde keineswegs entsprach. Er erhob sich. Er ging (die Schöße seines Mantels flatterten) zum Schrank und holte mit sicherem Griff eine Flasche aus der Reihe. »Ich hab’ der Eva eine Überraschung machen wollen!« begann Herr Knopfmacher. »Und ich muß dir gleich sagen, mein lieber Max, du warst den ganzen Nachmittag nicht da. Statt deiner« – er machte eine Pause und wiederholte: »Statt deiner hab’ ich hier einen Leutnant angetroffen. Einen Dummkopf!« »Es ist der einzige Freund«, erwiderte Max Demant, »den ich seit dem Anfang meiner Dienstzeit beim Militär gefunden habe. Es ist der Leutnant Trotta. Ein feiner Mensch!« »Ein feiner Mensch!« wiederholte der Schwiegervater. »Ein feiner Mensch bin ich auch zum Beispiel! Nun, ich würde dir nicht raten, mich eine Stunde allein mit einer hübschen Frau zu lassen, wenn dir auch nur so viel an ihr gelegen ist.« Knopfmacher legte die Spitze von Daumen und Zeigefinger zusammen und wiederholte nach einer Weile: »Nur so viel!« Der Regimentsarzt wurde blaß. Er nahm die Brille ab und putzte sie lange. Er hüllte auf diese Weise die Umwelt in einen wohltuenden Nebel, in dem der Schwiegervater in seinem Bademantel ein undeutlicher, wenn auch äußerst geräumiger, weißer Fleck war. Und er setzte die Brille, nachdem sie geputzt war, nicht sofort wieder auf, sondern er behielt sie in der Hand und sprach in den Nebel hinein: »Ich habe gar keine Veranlassung, lieber Papa, Eva oder meinem Freund zu mißtrauen.« Er sagte es zögernd, der Regimentsarzt. Es klang ihm selbst wie eine ganz fremde Wendung, entnommen irgendeiner fernen Lektüre, abgelauscht einem vergessenen Schauspiel. Er setzte die Brille auf, und sofort rückte der alte Knopfmacher, deutlich an Umfang und Umriß, an den Doktor heran. Jetzt schien auch die Wendung, deren er sich soeben bedient hatte, sehr weit zurückzuliegen. Sie war bestimmt nicht mehr wahr. Der Regimentsarzt wußte es genausogut wie sein 72
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Radetzkymarsch
Title
Radetzkymarsch
Author
Joseph Roth
Date
1932
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
294
Keywords
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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