Page - 83 - in Radetzkymarsch
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noch ein Rendezvous.‹ Also, ich geh’. Und grad an dem Abend ist die
Konditorei früher geschlossen. Schicksal, meine Herren! Ich – ins Kasino
natürlich. Erzähl’ ahnungslos dem Tattenbach. und wer sonst noch dabei war,
die Geschichte von Demant und daĂź der Trotta mitten am Theaterplatz ein
Rendezvous hat. Ich hör’ noch, wie der Tattenbach pfeift. ›Was pfeifst denn
da?‹ frag’ ich. ›Hat nichts zu bedeuten‹, sagt er. ›Paßt auf, ich sag’ nix als:
Paßt auf! Der Trotta und die Eva, der Trotta und die Eva‹, singt er zweimal,
wie ein Chanson aus dem Tingeltangel, und ich weiĂź nicht, wer die Eva ist,
ich mein’ halt, es ist die aus dem Paradies, also symbolisch und generaliter,
meine Herren! Verstanden?«
Alle hatten verstanden und bestätigten es durch Zurufe und Kopfnicken.
Sie hatten nicht nur die Erzählung des Rittmeisters verstanden, sie kannten sie
schon ganz genau, vom Anfang bis zum Ende. Und dennoch lieĂźen sie sich
die Begebenheiten immer wieder erzählen, denn sie hofften im törichtesten
und geheimsten Abteil ihrer Herzen, daß die Erzählung des Rittmeisters sich
einmal verändern und eine spärliche Aussicht auf einen günstigeren Ausgang
offenlassen könnte. Sie fragten Taittinger immer wieder. Aber seine
Erzählung hatte stets den gleichen Klang. Nicht die geringste der traurigen
Einzelheiten veränderte sich.
»Und nun?« fragte einer.
»Das andere wißt ihr ja auch schon!« erwiderte der Rittmeister. »In dem
Augenblick, in dem wir das Kasino verlassen, der Tattenbach, der
Kindermann und ich, läuft uns der Trotta mit der Frau Demant geradezu in die
Arme. ›Paßt auf!‹ sagt der Tattenbach. ›Hat der Trotta nicht gesagt, daß er ein
Rendezvous hat?‹ ›Es kann ja auch Zufall sein‹, sag’ ich zu Tattenbach. Und
es war ja auch ein Zufall, wie ich jetzt weiĂź. Die Frau Demant ist allein aus
dem Theater gekommen. Der Trotta hat sich verpflichtet gefĂĽhlt, sie nach
Haus zu führen. Auf sein Rendezvous hat er verzichten müssen. Gar nix war’
passiert, wenn mir der Demant in der Pause die Frau übergeben hätt’! Gar
nix!«
»Gar nix!« bestätigten alle.
»Am nächsten Abend ist der Tattenbach im Kasino besoffen, wie
gewöhnlich. Und gleich, wie der Demant eintritt, erhebt er sich und sagt:
›Servus, Doktorleben!‹ So begann’s!«
»Schäbig!« bemerkten zwei gleichzeitig. »Gewiß, schäbig, aber besoffen!
Was soll man da? Ich sage korrekt: ›Servus, Herr Regimentsarzt!‹ Und der
Demant mit einer Stimme, die ich ihm nicht zugetraut hätt’, zum Tattenbach:
›Herr Rittmeister, Sie wissen, daß ich Regimentsarzt bin!‹
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Radetzkymarsch
- Title
- Radetzkymarsch
- Author
- Joseph Roth
- Date
- 1932
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 294
- Keywords
- Roman, Geschichte, KUK, Ă–sterreich, Ungarn
- Categories
- Weiteres Belletristik