Page - 116 - in Radetzkymarsch
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Verlangen der MilitÀrbehörde dem Sumpf der Wege geopfert wurden. Alle
Steine, Millionen von Steinen, verschluckte der unersÀttliche Grund der
StraĂe. Und immer neue, siegreiche, silbergraue, schimmernde Schichten von
Schlamm quollen aus den Tiefen empor, fraĂen den Stein und den Mörtel und
schlugen klatschend ĂŒber den stampfenden Stiefeln der Soldaten zusammen.
Die Kaserne lag hinter dem Stadtpark. Links neben der Kaserne war das
Bezirksgericht, ihr gegenĂŒber die Bezirkshauptmannschaft, hinter deren
festlichem und baufÀlligem GemÀuer lagen zwei Kirchen, eine römische, eine
griechische, und rechts ab von der Kaserne erhob sich das Gymnasium. Die
Stadt war so winzig, daĂ man sie in zwanzig Minuten durchmessen konnte.
Ihre wichtigen GebÀude drÀngten sich aneinander in lÀstiger Nachbarschaft.
Wie Gefangene in einem Kerkerhof kreisten die SpaziergÀnger am Abend um
das regelmĂ€Ăige Rund des Parkes. Eine gute halbe Stunde Marsch brauchte
man bis zum Bahnhof. Die Messe der JĂ€geroffiziere war in zwei kleinen
Stuben eines Privathauses untergebracht. Die meisten Kameraden aĂen im
Bahnhofsrestaurant. Carl Joseph auch. Er marschierte gern durch den
klatschenden Kot, nur um einen Bahnhof zu sehen. Es war der letzte aller
Bahnhöfe der Monarchie, aber immerhin: Auch dieser Bahnhof zeigte zwei
Paar glitzernder SchienenbÀnder, die sich ununterbrochen bis in das Innere
des Reiches erstreckten. Auch dieser Bahnhof hatte helle, glÀserne und
fröhliche Signale, in denen ein zartes Echo von heimatlichen Rufen klirrte,
und einen unaufhörlich tickenden Morseapparat, auf dem die schönen,
verworrenen Stimmen einer weiten, verlorenen Welt fleiĂig abgehĂ€mmert
wurden, gesteppt wie von einer emsigen NĂ€hmaschine. Auch dieser Bahnhof
hatte einen Portier, und dieser Portier schwang eine dröhnende Glocke, und
die Glocke bedeutete Abfahrt, Einsteigen! Einmal tÀglich, just um die
Mittagszeit, schwang der Portier seine Glocke zu dem Zug, der in die
westliche Richtung abging, nach Krakau, Oderberg, Wien. Ein guter, lieber
Zug! Er hielt beinahe so lange, wie das Essen dauerte, vor den Fenstern des
Speisesaals erster Klasse, in dem die Offiziere saĂen. Erst wenn der Kaffee
kam, pfiff die Lokomotive. Der graue Dampf schlug an die Fenster. Sobald er
anfing, in feuchten Perlen und Streifen die Scheiben hinunterzurinnen, war
der Zug bereits fort. Man trank den Kaffee und kehrte in langsamem,
trostlosem Rudel zurĂŒck durch den silbergrauen Schlamm. Selbst die
inspizierenden GenerĂ€le hĂŒteten sich hierherzukommen. Sie kamen nicht,
niemand kam. In dem einzigen Hotel des StÀdtchens, in dem die meisten
JĂ€geroffiziere als Dauermieter wohnten, stiegen nur zweimal im Jahr die
reichen HopfenhĂ€ndler ab, aus NĂŒrnberg und Prag und Saaz. Wenn ihre
unbegreiflichen GeschĂ€fte gelungen waren, lieĂen sie Musik kommen und
spielten Karten im einzigen Kaffeehaus, das zum Hotel gehörte.
Das ganze StĂ€dtchen ĂŒbersah Carl Joseph vom zweiten Stock des Hotels
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book Radetzkymarsch"
Radetzkymarsch
- Title
- Radetzkymarsch
- Author
- Joseph Roth
- Date
- 1932
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 294
- Keywords
- Roman, Geschichte, KUK, Ăsterreich, Ungarn
- Categories
- Weiteres Belletristik