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Radetzkymarsch
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Sonst pflege ich hier nur zu arbeiten.« »Sie arbeiten?« fragte der Bezirkshauptmann. »Ja«, sagte Chojnicki, »ich arbeite. Ich arbeite sozusagen zum Spaß. Ich setze nur die Tradition meiner Vorfahren fort, ich meine es, offen gestanden, gar nicht immer so ernst, wie es noch mein Großvater gemeint hat. Die Bauern dieser Gegend haben ihn für einen mächtigen Zauberer gehalten, und vielleicht ist er auch einer gewesen. Mich selbst halten sie auch für einen, ich bin es nicht. Es ist mir bis jetzt noch nicht gelungen, auch nur ein Stäubchen herzustellen!« »Ein Stäubchen?« fragte der Bezirkshauptmann, »wovon ein Stäubchen?« »Von Gold natürlich!« sagte Chojnicki, als handele es sich um die selbstverständlichste Sache von der Welt. »Ich verstehe was von Chemie«, fuhr er fort, »es ist ein altes Talent in unserer Familie. Ich habe hier an den Wänden, wie Sie sehen, die ältesten und die modernsten Apparate.« Er zeigte auf die Wände. Der Bezirkshauptmann sah sechs Reihen hölzerner Regale an jeder Wand. Auf den Regalen standen Mörser, kleine und große Papiersäckchen, gläserne Behälter wie in altertümlichen Apotheken, merkwürdige Kugeln aus Glas, gefüllt mit bunten Flüssigkeiten, Lämpchen, Gasbrenner und Röhren. »Sehr seltsam, seltsam, seltsam!« sagte Herr von Trotta. »Und ich kann selber nicht genau sagen«, fuhr Chojnicki fort, »ob ich es ernst meine oder nicht. Ja, manchmal ergreift mich die Leidenschaft, wenn ich am Morgen hierherkomme, und ich lese in den Rezepten meines Großvaters und gehe hin und probiere und lache mich selber aus und gehe fort. Und komme immer wieder her und probiere immer wieder.« »Seltsam, seltsam!« wiederholte der Bezirkshauptmann. »Nicht seltsamer«, sagte der Graf, »als alles andere, was ich sonst machen könnte. Soll ich Kultus- und Unterrichtsminister werden? Man hat’s mir nahegelegt. Soll ich Sektionschef im Ministerium des Innern werden? Man hat’s mir ebenfalls nahegelegt. Soll ich an den Hof, ins Obersthofmeisteramt? Auch das kann ich, Franz Joseph kennt mich – – –« Der Bezirkshauptmann rückte seinen Stuhl um zwei Zoll zurück. Wenn Chojnicki den Kaiser so vertraulich beim Namen nannte, als wäre er einer jener lächerlichen Abgeordneten, die seit der Einführung des allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlrechts im Parlament saßen, oder als wäre er, im besten Falle, schon tot und eine Figur der vaterländischen Geschichte, gab es dem Bezirkshauptmann einen Stich ins Herz. Chojnicki verbesserte: »Seine Majestät kennt mich!« 142
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Radetzkymarsch
Title
Radetzkymarsch
Author
Joseph Roth
Date
1932
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
294
Keywords
Roman, Geschichte, KUK, Ă–sterreich, Ungarn
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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