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Radetzkymarsch
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alle natürlichen Fichten im Nu in künstliche. Denn sie waren dichter und überzeugender als das Grün der Natur. Am Himmel über dem Wald waren unterdessen die längst erwarteten Wolken heraufgezogen. Der Donner kam immer näher, aber die Militärkapellen übertönten ihn. Als der Abend über Zelte, Wagen, Konfetti und Tanz hereinbrach, zündete man die Lampions an, und man bemerkte nicht, daß sie von plötzlichen Windstößen stärker geschaukelt wurden, als es sich für festliche Lampions schicken mochte. Das Wetterleuchten, das immer heftiger den Himmel erhellte, konnte sich mit dem Feuerwerk, das die Mannschaft hinter dem Wäldchen abknallte, noch lange nicht vergleichen. Und man war allgemein geneigt, die Blitze, die man zufällig bemerkte, für mißlungene Raketen zu halten. »Es gibt ein Gewitter!« sagte plötzlich einer. Und das Gerücht vom Gewitter begann sich im Wäldchen zu verbreiten. Man rüstete also zum Aufbruch und begab sich zu Fuß, zu Pferde und im Wagen in das Haus Chojnickis. Alle Fenster standen offen. Der Glanz der Kerzen strömte frei, im mächtigen, flackernden Fächerschein gegen die weite Allee, vergoldete den Boden und die Bäume, die Blätter sahen aus wie Metall. Es war noch zeitig, aber schon dunkel, dank den Heerscharen der Wolken, die von allen Seiten gegeneinanderrückten und sich vereinigten. Vor dem Eingang zum Schloß in der breiten Allee und auf dem ovalen, kiesbestreuten Vorplatz sammelten sich jetzt die Pferde, die Wagen, die Gäste, die bunten Frauen und die noch bunteren Offiziere. Die Reitpferde, von Soldaten am Zaun gehalten, und die Wagenpferde, von den Kutschern mühsam gezügelt, wurden ungeduldig; wie ein elektrischer Kamm strich der Wind über ihr glänzendes Fell, sie wieherten ängstlich nach dem Stall und scharrten den Kies mit zitternden Hufen. Auch den Menschen schien sich die Aufregung der Natur und der Tiere mitzuteilen. Die munteren Zurufe, mit denen sie noch vor einigen Minuten Ball gespielt hatten, erstarben. Alle sahen, etwas ängstlich, zu den Türen und Fenstern. Jetzt ging die große, zweiflügelige Tür auf, und man begann, sich in Gruppen dem Eingang zu nähern. Sei es nun, daß man mit den zwar nicht ungewöhnlichen, aber dennoch den Menschen immer wieder erregenden Vorgängen des Gewitters zu sehr beschäftigt war, sei es, daß man von den verworrenen Klängen der beiden Militärkapellen abgelenkt wurde, die bereits im Innern des Hauses ihre Instrumente zu stimmen begannen: Niemand vernahm den rapiden Galopp der Ordonnanz, die jetzt auf den Vorplatz heransprengte, mit plötzlichem Ruck anhielt und in ihrer dienstlichen Adjustierung, mit blinkendem Helm, umgeschnalltem Karabiner am Rücken und Patronentaschen am Gurt, umflackert von weißen Blitzen und von violetten Wolken umdüstert, einem theatralischenKriegsboten nicht unähnlich war. Der Dragoner stieg ab und erkundigte sich nach dem Obersten Festetics. Es hieß, der Oberst sei schon drinnen. Einen Augenblick 258
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Radetzkymarsch
Title
Radetzkymarsch
Author
Joseph Roth
Date
1932
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
294
Keywords
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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