Page - 267 - in Radetzkymarsch
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Trommler trommelten ohne Unterlaß, und die schweren Klöppel der großen
Pauke begannen zu wirbeln wie junge, muntere Schlegel. Der betrunkene
Pauker schlug plötzlich an den silbernen Triangel, und im selben Augenblick
machte Graf Benkyö einen Freudensprung. »Das Schwein ist hin!« schrie der
Graf auf ungarisch. Aber alle verstanden es, als ob er deutsch gesprochen
hätte. Plötzlich begannen einige zu hüpfen. Immer schneller schmetterten die
Kapellen den Trauermarsch. Dazwischen lächelte der Triangel silbern, hell
und betrunken.
Schließlich begannen die Lakaien Chojnickis, die Instrumente abzuräumen.
Die Musiker ließen es sich lächelnd gefallen. Mit aufgerissenen Augen
glotzten die Violinisten ihren Geigen nach, die Cellisten ihren Celli, die
Hornisten den Hörnern. Einige strichen noch mit den Bögen, die sie behalten
hatten, über das taubstumme Tuch ihrer Ärmel und wiegten die Köpfe zu den
unhörbaren Melodien, die in ihren trunkenen Köpfen rumoren mochten. Als
man dem Trommler seine Schlaginstrumente fortschleppte, fuchtelte er immer
noch mit Klöppel und Schlegel in der leeren Luft herum. Die Kapellmeister,
die am meisten getrunken hatten, wurden schließlich von je zwei Dienern
weggezogen wie die Instrumente. Die Gäste lachten. Dann wurde es still.
Niemand gab einen Laut von sich. Alle blieben, wie sie gestanden oder
gesessen hatten, und rührten sich nicht mehr. Nach den Instrumenten räumte
man auch die Flaschen weg. Und dem und jenem, der noch ein halbvolles
Glas in Händen hielt, wurde es weggenommen.
Leutnant Trotta verließ das Haus. Auf den Stufen, die zum Eingang
führten, saßen Oberst Festetics, Major Zoglauer und Rittmeister Zschoch. Es
regnete nicht mehr. Es tropfte nur noch von Zeit zu Zeit aus den schütter
gewordenen Wolken und von den Vorsprüngen des Daches. Den drei
Männern hatte man weiße, große Tücher über die Steine gebreitet. Und es
war, als säßen sie schon auf ihren eigenen Leichentüchern. Große, zackige
Regenwasserflecke starrten auf ihren dunkelblauen Rücken. Die Fetzen einer
Papierschlange klebten feucht und nunmehr unlösbar am Nacken des
Rittmeisters.
Der Leutnant stellte sich vor ihnen auf. Sie rührten sich nicht. Sie hielten
die Köpfe gesenkt. Sie erinnerten an eine wächserne militärische Gruppe im
Panoptikum.
»Herr Major!« sagte Trotta zu Zoglauer, »ich werde morgen um meinen
Abschied bitten!«
Zoglauer erhob sich. Er streckte die Hand aus, wollte etwas sagen und
brachte keinen Laut hervor. Es wurde allmählich hell, ein sanfter Wind zerriß
die Wolken, man konnte im schimmernden Silber der kurzen Nacht, in die
sich schon eine Ahnung vom Morgen mischte, deutlich die Gesichter sehen.
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Radetzkymarsch
- Title
- Radetzkymarsch
- Author
- Joseph Roth
- Date
- 1932
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 294
- Keywords
- Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
- Categories
- Weiteres Belletristik