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Das Spinnennetz
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sahen zu ihm auf, Mittelpunkt war er und stillschweigend gewähltes Haupt, Vorträge hielt er und stand, umbrandet vom Beifall seiner Verehrer, auf dem Podium. Er gründete einen nationalen Jugendbund, zog an Sonntagen mit seinen Jungen hinaus in die Wälder und lehrte sie exerzieren. Indessen fehlte es ihm an Geld. Weit und breit war keine Aussicht mehr, neues zu verdienen, es waren ruhige Zeiten. Im Büro des Detektivs Klitsche ließen sich keine Spitzel mehr blicken. Klitsche war allerdings nicht auf sie angewiesen, er bekam Gehalt, er stand in steter Verbindung mit München. Theodor hätte gern eine ähnliche Stelle bekleidet, er liebte Klitsche nicht. Klitsche war ein Hindernis. Dieser Klitsche war Wachtmeister gewesen, Theodor war immerhin Leutnant und akademischer Bürger. Er ließ manchmal bei Trebitsch seine Unzufriedenheit merken. Einmal sagte Trebitsch im Spaß: »Vielleicht stirbt Klitsche.« Seit jenem Tag dachte Theodor an Klitsches Tod. Aber Klitsche war gesund, jede Zusammenkunft bewies es, jeder Händedruck, jedes mächtige Gelächter. Es war keine Hoffnung, daß Klitsche jemals nach München abberufen wurde. Und daß man ihm eine Verfehlung nachweisen könnte. Manchmal träumte Theodor von einem Verrat Klitsches. Wie? War es ganz unmöglich? Verkehrte Klitsche nicht mit kommunistischen Spitzeln? Wer beaufsichtigte ihn? Wer kannte ihn eigentlich genau? Mußte es nicht einem aufmerksamen Beobachter gelingen, den Detektiv zu fangen? Vorläufig war es unmöglich, und Theodor brauchte Geld. Ein Versuch, bei Trebitsch eine Anleihe zu machen, schlug fehl. Trebitsch erklärte nicht nur, daß er selbst Schulden habe, sondern er verwies auch auf reichere Menschen aus der Bekanntschaft Theodors, wie zum Beispiel der Prinz es war. »Sie sind ja mit dem Prinzen befreundet!« sagte Trebitsch. Ja, er war mit dem Prinzen befreundet. War ihm der Prinz nichts mehr schuldig? Er ging zu Prinz Heinrich. Er mußte lange warten, es war nachmittags, und der Prinz schlief. Dann kam er, im geblümten seidenen Pyjama, mit schlafgeröteten Wangen und Grübchen wie ein gewecktes Kind. »Ach, Theo!« sagte der Prinz. Er setzte sich, legte einen Fuß auf den Tisch, ließ die Pantoffeln fallen und betrachtete seine spielenden Zehen. Dazu summte er ein Lied. Er gähnte dazwischen. Er hörte nicht alles, was Theodor sagte. Schließlich unterbrach er ihn: »Du kannst mit mir nach Königsberg fahren, zur Bootstaufe!« 27
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Das Spinnennetz
Title
Das Spinnennetz
Author
Joseph Roth
Date
1923
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
93
Keywords
Roman, Geschichte
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Kapitel 1 5
  2. Kapitel 2 10
  3. Kapitel 3 14
  4. Kapitel 4 17
  5. Kapitel 5 21
  6. Kapitel 6 24
  7. Kapitel 7 30
  8. Kapitel 8 32
  9. Kapitel 9 36
  10. Kapitel 10 39
  11. Kapitel 11 42
  12. Kapitel 12 44
  13. Kapitel 13 47
  14. Kapitel 14 50
  15. Kapitel 15 52
  16. Kapitel 16 54
  17. Kapitel 17 57
  18. Kapitel 18 59
  19. Kapitel 19 61
  20. Kapitel 20 64
  21. Kapitel 21 67
  22. Kapitel 22 69
  23. Kapitel 23 73
  24. Kapitel 24 76
  25. Kapitel 25 79
  26. Kapitel 26 81
  27. Kapitel 27 83
  28. Kapitel 28 86
  29. Kapitel 29 89
  30. Kapitel 30 92
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