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Von den Taranteln
Siehe, das ist der Tarantel Höhle! Willst du sie selber sehn? Hier hängt ihr
Netz: rĂĽhre daran, dass es erzittert.
Da kommt sie willig: willkommen, Tarantel! Schwarz sitzt auf deinem
RĂĽcken dein Dreieck und Wahrzeichen; und ich weiss auch, was in deiner
Seele sitzt.
Rache sitzt in deiner Seele: wohin du beissest, da wächst schwarzer Schorf;
mit Rache macht dein Gift die Seele drehend!
Also rede ich zu euch im Gleichniss, die ihr die Seelen drehend macht, ihr
Prediger der Gleichheit! Taranteln seid ihr mir und versteckte RachsĂĽchtige!
Aber ich will eure Verstecke schon an’s Licht bringen: darum lache ich
euch in’s Antlitz mein Gelächter der Höhe.
Darum reisse ich an eurem Netze, dass eure Wuth euch aus eurer LĂĽgen-
Höhle locke, und eure Rache hervorspringe hinter eurem Wort
»Gerechtigkeit.«
Denn dass der Mensch erlöst werde von der Rache: das ist mir die Brücke
zur höchsten Hoffnung und ein Regenbogen nach langen Unwettern.
Aber anders wollen es freilich die Taranteln. »Das gerade heisse uns
Gerechtigkeit, dass die Welt voll werde von den Unwettern unsrer Rache« –
also reden sie mit einander.
»Rache wollen wir üben und Beschimpfung an Allen, die uns nicht gleich
sind« – so geloben sich die Tarantel-Herzen.
Und »Wille zur Gleichheit« – das selber soll fürderhin der Name für
Tugend werden; und gegen Alles, was Macht hat, wollen wir unser Geschrei
erheben!«
Ihr Prediger der Gleichheit, der Tyrannen-Wahnsinn der Ohnmacht schreit
also aus euch nach »Gleichheit«: eure heimlichsten Tyrannen-Gelüste
vermummen sich also in Tugend-Worte!
Vergrämter Dünkel, verhaltener Neid, vielleicht eurer Väter Dünkel und
Neid: aus euch bricht’s als Flamme heraus und Wahnsinn der Rache.
Was der Vater schwieg, das kommt im Sohne zum Reden; und oft fand ich
den Sohn als des Vaters entblösstes Geheimniss.
Den Begeisterten gleichen sie: aber nicht das Herz ist es, was sie begeistert,
– sondern die Rache. Und wenn sie fein und kalt werden, ist’s nicht der Geist,
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Also sprach Zarathustra
- Title
- Also sprach Zarathustra
- Author
- Friedrich Wilhelm Nietzsche
- Date
- 1885
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.0 cm
- Pages
- 354
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Zarathustras Vorrede 2
- Teil 1 - Die Reden Zarathustras 19
- Von den drei Verwandlungen 20
- Von den LehrstĂĽhlen der Tugend 22
- Von den Hinterweltlern 25
- Von den Verächtern des Leibes 28
- Von den Freuden- und Leidenschaften 30
- Vom bleichen Verbrecher 32
- Vom Lesen und Schreiben 34
- Vom Baum am Berge 36
- Von den Predigern des Todes 39
- Vom Krieg und Kriegsvolke 41
- Vom neuen Götzen 43
- Von den Fliegen des Marktes 46
- Von der Keuschheit 49
- Vom Freunde 51
- Von tausend und Einem Ziele 53
- Von der Nächstenliebe 55
- Vom Wege des Schaffenden 57
- Von alten und jungen Weiblein 60
- Vom Biss der Natter 63
- Von Kind und Ehe 65
- Vom freien Tode 67
- Von der schenkenden Tugend 70
- Teil 2 - Also sprach Zarathustra 75
- Das Kind mit dem Spiegel 77
- Auf den glĂĽckseligen Inseln 80
- Von den Mitleidigen 83
- Von den Priestern 86
- Von den Tugendhaften 89
- Vom Gesindel 92
- Von den Taranteln 95
- Von den berĂĽhmten Weisen 98
- Das Nachtlied 101
- Das Tanzlied 103
- Das Grablied 106
- Von der Selbst-Ueberwindung 109
- Von den Erhabenen 112
- Vom Lande der Bildung 115
- Von der unbefleckten Erkenntniss 118
- Von den Gelehrten 121
- Von den Dichtern 123
- Von grossen Ereignissen 126
- Der Wahrsager 130
- Von der Erlösung 134
- Von der Menschen-Klugheit 139
- Die stillste Stunde 142
- Teil 3 - Also sprach Zarathustra 145
- Der Wanderer 147
- Vom Gesicht und Räthsel 150
- Von der Seligkeit wider Willen 155
- Vor Sonnen-Aufgang 158
- Von der verkleinernden Tugend 161
- Auf dem Oelberge 167
- Vom VorĂĽbergehen 170
- Von den AbtrĂĽnnigen 173
- Die Heimkehr 178
- Von den drei Bösen 182
- Vom Geist der Schwere 187
- Von alten und neuen Tafeln 191
- Der Genesende 222
- Von der groĂźen Sehnsucht 228
- Das andere Tanzlied 231
- Die sieben Siegel 236
- Teil 4 - Also sprach Zarathustra 243
- Das Honig-Opfer 245
- Der Notschrei 248
- Gespräch mit den Königen 251
- Der Blutegel 256
- Der Zauberer 259
- AuĂźer Dienst 267
- Der häßlichste Mensch 271
- Der freiwillige Bettler 276
- Der Schatten 280
- Mittags 283
- Die BegrĂĽĂźung 286
- Das Abendmahl 291
- Vom höheren Menschen 293
- Das Lied der Schwermut 313
- Von der Wissenschaft 319
- Unter Töchtern der Wüste 322
- Die Erweckung 330
- Das Eselsfest 334
- Das trunkne Lied 339
- Das Zeichen 352