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Also sprach Zarathustra
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Der Blutegel Und Zarathustra ging nachdenklich weiter und tiefer, durch Wälder und vorbei an moorigen Gründen; wie es aber jedem ergeht, der über schwere Dinge nachdenkt, so trat er unversehens dabei auf einen Menschen. Und siehe, da spritzten ihm mit einem Male ein Weheschrei und zwei Flüche und zwanzig schlimme Schimpfworte ins Gesicht: also daß er in seinem Schrecken den Stock erhob und auch auf den Getretenen noch zuschlug. Gleich darauf aber kam ihm die Besinnung; und sein Herz lachte über die Torheit, die er eben getan hatte. »Vergib«, sagte er zu dem Getretenen, der sich grimmig erhoben und gesetzt hatte, »vergib und vernimm vor allem erst ein Gleichnis. Wie ein Wanderer, der von fernen Dingen träumt, unversehens auf einsamer Straße einen schlafenden Hund anstößt, einen Hund, der in der Sonne liegt: – wie da beide auffahren, sich anfahren, Todfeinden gleich, diese zwei zu Tod Erschrockenen: also erging es uns. Und doch! Und doch – wie wenig hat gefehlt, daß sie einander liebkosten, dieser Hund und dieser Einsame! Sind sie doch beide – Einsame!« – »Wer du auch sein magst«, sagte immer noch grimmig der Getretene, »du trittst mir auch mit deinem Gleichnis zu nahe, und nicht nur mit deinem Fuße! Siehe doch, bin ich denn ein Hund?« – und dabei erhob sich der Sitzende und zog seinen nackten Arm aus dem Sumpfe. Zuerst nämlich hatte er ausgestreckt am Boden gelegen, verborgen und unkenntlich gleich solchen, die einem Sumpf-Wilde auflauern. »Aber was treibst du doch!« rief Zarathustra erschreckt, denn er sahe, daß über den nackten Arm weg viel Blut floß – »was ist dir zugestoßen? Biß dich, du Unseliger, ein schlimmes Tier?« Der Blutende lachte, immer noch erzürnt. »Was geht’s dich an!« sagte er und wollte weitergehn. »Hier bin ich heim und in meinem Bereiche. Mag mich fragen, wer da will: einem Tölpel aber werde ich schwerlich antworten.« »Du irrst«, sagte Zarathustra mitleidig und hielt ihn fest, »du irrst: hier bist du nicht bei dir, sondern in meinem Reiche, und darin soll mir keiner zu Schaden kommen. Nenne mich aber immerhin, wie du willst – ich bin, der ich sein muß. Ich selber heiße mich Zarathustra.
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Also sprach Zarathustra
Title
Also sprach Zarathustra
Author
Friedrich Wilhelm Nietzsche
Date
1885
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.0 cm
Pages
354
Category
Geisteswissenschaften

Table of contents

  1. Zarathustras Vorrede 2
  2. Teil 1 - Die Reden Zarathustras 19
    1. Von den drei Verwandlungen 20
    2. Von den Lehrstühlen der Tugend 22
    3. Von den Hinterweltlern 25
    4. Von den Verächtern des Leibes 28
    5. Von den Freuden- und Leidenschaften 30
    6. Vom bleichen Verbrecher 32
    7. Vom Lesen und Schreiben 34
    8. Vom Baum am Berge 36
    9. Von den Predigern des Todes 39
    10. Vom Krieg und Kriegsvolke 41
    11. Vom neuen Götzen 43
    12. Von den Fliegen des Marktes 46
    13. Von der Keuschheit 49
    14. Vom Freunde 51
    15. Von tausend und Einem Ziele 53
    16. Von der Nächstenliebe 55
    17. Vom Wege des Schaffenden 57
    18. Von alten und jungen Weiblein 60
    19. Vom Biss der Natter 63
    20. Von Kind und Ehe 65
    21. Vom freien Tode 67
    22. Von der schenkenden Tugend 70
  3. Teil 2 - Also sprach Zarathustra 75
    1. Das Kind mit dem Spiegel 77
    2. Auf den glückseligen Inseln 80
    3. Von den Mitleidigen 83
    4. Von den Priestern 86
    5. Von den Tugendhaften 89
    6. Vom Gesindel 92
    7. Von den Taranteln 95
    8. Von den berühmten Weisen 98
    9. Das Nachtlied 101
    10. Das Tanzlied 103
    11. Das Grablied 106
    12. Von der Selbst-Ueberwindung 109
    13. Von den Erhabenen 112
    14. Vom Lande der Bildung 115
    15. Von der unbefleckten Erkenntniss 118
    16. Von den Gelehrten 121
    17. Von den Dichtern 123
    18. Von grossen Ereignissen 126
    19. Der Wahrsager 130
    20. Von der Erlösung 134
    21. Von der Menschen-Klugheit 139
    22. Die stillste Stunde 142
  4. Teil 3 - Also sprach Zarathustra 145
    1. Der Wanderer 147
    2. Vom Gesicht und Räthsel 150
    3. Von der Seligkeit wider Willen 155
    4. Vor Sonnen-Aufgang 158
    5. Von der verkleinernden Tugend 161
    6. Auf dem Oelberge 167
    7. Vom Vorübergehen 170
    8. Von den Abtrünnigen 173
    9. Die Heimkehr 178
    10. Von den drei Bösen 182
    11. Vom Geist der Schwere 187
    12. Von alten und neuen Tafeln 191
    13. Der Genesende 222
    14. Von der großen Sehnsucht 228
    15. Das andere Tanzlied 231
    16. Die sieben Siegel 236
  5. Teil 4 - Also sprach Zarathustra 243
    1. Das Honig-Opfer 245
    2. Der Notschrei 248
    3. Gespräch mit den Königen 251
    4. Der Blutegel 256
    5. Der Zauberer 259
    6. Außer Dienst 267
    7. Der häßlichste Mensch 271
    8. Der freiwillige Bettler 276
    9. Der Schatten 280
    10. Mittags 283
    11. Die Begrüßung 286
    12. Das Abendmahl 291
    13. Vom höheren Menschen 293
    14. Das Lied der Schwermut 313
    15. Von der Wissenschaft 319
    16. Unter Töchtern der Wüste 322
    17. Die Erweckung 330
    18. Das Eselsfest 334
    19. Das trunkne Lied 339
    20. Das Zeichen 352
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