Seite - 181 - in Ludwig Feuerbach - Gesammlte Werke, Band 1
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in welchen sie ihrem innern Gehalt und ihrer Bedeutung
nach zur Gegenwart, zu dem jetzigen Zustand des geistigen
Lebens und der Wissenschaft steht, erörtern, statt einer
Vorrede wohl einen Kommentar oder eine Apologie schrei-
ben ; und so möge denn nur noch das dem Herausgeber im
allgemeinen zu sagen erlaubt sein, wie sie in jeder Hinsicht
von allen frühern Schriften über diesen Gegenstand ab-
weicht und an Eigentümlichkeit der Ideen gewiß keiner nach-
steht, ja überhaupt mit ihnen in keine Kategorie zu setzen ist.
Wenn schon den Nachlässigkeiten in der Prosa eine be-
stimmte Absicht auf gewisse Zwecke zugrunde liegt, so
darf dies um so mehr von den Gedichten dieser Schrift
angenommen werden, indem sie hier unverkennbar sich
ausspricht. Denn die Form oder vielmehr die Formlosig-
keit dieser Gedichte, ja die ganze Ausdrucksweise ver-
raten schon allein die bitterste Ironie. Auch sollen sie
nichts weniger als Gedichte sein, nur bildliche Gedankenent-
wicklungen in Versen, die jedoch durchgängig symbolischer
Natur sind, wozu sich der Schlüssel in der Prosa vorfindet,
und die der inneren Ordnung nach ihre Stelle in der Mitte
haben sollten, wo sich der Verfasser noch im Zustande der
Opposition befindet; eine Bemerkung, die sehr wesentlich
ist, um ihren Wert, Geist und Bestimmung richtig be-
urteilen zu können.
Die Xenien sind größtenteils Prospekte aus der camera
obscura der Gegenwart; die Erbärmlichkeit der Zeit mag
ihre Derbheit entschuldigen, sie war notwendig. Finden
sich hie und da welche, die nicht im strengsten Sinne des
Worts korrekt sind, so trägt die Schuld ihrer Einreihung
einzig der Herausgeber, der es nimmermehr über sich ge-
winnen konnte, ihren innern Gehalt der Prosodie zum
Opfer zu bringen, aber auf keine Weise der Verfasser, der,
wie schon gesagt, auch hier nicht die letzte Feile anlegen
konnte. Übrigens nahm sich der Verfasser auch nicht den
Ovid oder Horaz bei seinem Versbau zum Muster, sondern
die Schriftsteller seiner Nation; was jenen gesagt sein soll,
die sich über die Härte der Schale beklagen, wenn ihr
süßer Mund den Kern zu bitter findet.
Der Herausgeber, mit fortgerissen von der lebendigen
Flut dieser Xenien, erwärmt von ihrer jetzt so seltenen
Glut für die ewige Wahrheit, erlaubte sich, in den Strom ihrer
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Ludwig Feuerbach
Gesammlte Werke, Band 1
(Gemeinfreie Teile)
- Titel
- Ludwig Feuerbach
- Untertitel
- Gesammlte Werke
- Band
- 1
- Herausgeber
- Werner Schuffenhauer
- Verlag
- AKADEMIE-VERLAG BERLIN
- Datum
- 1981
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.6 x 17.8 cm
- Seiten
- 468
- Kategorie
- Geisteswissenschaften