Seite - 205 - in Ludwig Feuerbach - Gesammlte Werke, Band 1
Bild der Seite - 205 -
Text der Seite - 205 -
Tod setzt einen unzeitlichen, der sinnliche einen1 über-
sinnlichen voraus. Und dieser ewige, dieser- übersinnliche
Tod ist Gott selbst3. Hart ist nur die Schale des Todes,
aber süß sein Kern. Denn der4 sinnliche Tod ist gleich-
sam nichts anders als der Ton, wodurch das zeitliche Ding
seinen zeitlosen Tod äußert und verkündet; nichts als
ein Licht, das in der Finsternis leuchtet, das den verbor-
genen und geheimen Tod sichtbar und offenbar macht.
Das, dem nichts Göttliches5 innewohnte, könnte nicht
sterben. Nach dem Tode daher noch etwas zu wünschen,
nach etwas noch sich zu sehnen, ist grenzenlose Verirrung;
denn der Tod kommt selbst her aus einer innern Sehnsucht
der Natur, die an ihr zehrt, solange sie ist, aus dem Trieb
und Streben der Natur, das, was sie ist, ihr Verzehrt-
und Aufgelöstsein in Gott, zu offenbaren oder, was gleich
viel ist, aus dem Wahrheitstrieb der Natur, das Innre zu
äußern6. Du stirbst gerade nur deswegen, weil vor dem
Tode alles da ist, was du nach dem Tode erst zu erreichen
dir einbildest; der Tod kommt nicht aus Mangel und Ar-
mut, sondern aus Fülle und Sättigung her. Die Last des
unendlichen Daseins, die Fülle des göttlichen Seins läßt7
den Schrein deines eignen8 Seins, welcher es in sich
faßt, zerbersten. Vor dem Tode und über ihm liegt die
Ewigkeit. —9
Das Höchste, was du als Individuum erreichen kannst,
das Letzte und Äußerste, wozu du es bringen kannst, ist
1 einen . . . einen: vielmehr als seinen Grund einen unzeit-
lichen, B
- Und . . . dieser: Dieser ewige, B
3 Gott selbst: - Gott B
4 Hart ist . . . Denn der Fehlt in B. Statt dessen sind dort in
veränderter Form die Sätze Wenn du auch weiter gar keine
bis und sein Tod gesetzt aus dem siebenten Absatz des Ab-
schnittes Gott von A (vgl. im vorliegenden Band Seiten 221 bis
223) eingeschoben. Nach Tod gesetzt folgt dann in B: Der
5 Unendliches B
0 ; denn der Tod . . . Innre zu äußern Fehlt in B.
7 , die Fülle . . . läßt: nur macht B
8 In B folgt Zusatz, endlichen; mit eignen beginnt ein weiteres
erhaltenes Teilstück von H. II streicht von eignen Seins bis
und in, vgl. unten Seite 20J, Ftißnote 6.
9 Vor dem . . . Ewigkeit. — Fehlt in B.
205
Ludwig Feuerbach
Gesammlte Werke, Band 1
(Gemeinfreie Teile)
- Titel
- Ludwig Feuerbach
- Untertitel
- Gesammlte Werke
- Band
- 1
- Herausgeber
- Werner Schuffenhauer
- Verlag
- AKADEMIE-VERLAG BERLIN
- Datum
- 1981
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.6 x 17.8 cm
- Seiten
- 468
- Kategorie
- Geisteswissenschaften