Seite - 257 - in Ludwig Feuerbach - Gesammlte Werke, Band 1
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mit den wesenlosen Schatten deiner üppigen Phantasie.
Was dich frappiert und irreführt, ist nur das sinnliche
Dasein, bloß der unbeschränkte Raum dieser Weltkörper.
Allein ich muß dir gestehen, daß mir überall, selbst hier,
auf der geist- und lebevollen und lebenswarmen1 Erde, solch
überflüssiges, unnützes, zweckloses Dasein aufstößt, daß
mir in jedem, selbst erfüllten, Orte solche leere[n] Räume
begegnen, ja, daß, wenn dir deswegen die Weltkörper um-
sonst da zu sein scheinen, wenn nicht auf ihnen selbst
Leben haust, mir aller Raum, alles Dasein, alle Natur um-
sonst zu sein erscheint; ich finde alles leer und öde, alles
zwecklos, wenn ich mit diesen Vorstellungen, mit denen du
die Weltkörper betrachtest, an die Natur gehe. Fragst du:
Warum sind die Körper, wenn nicht Leben in ihnen ist?, so
setze ich dir die Frage entgegen: Warum ist überhaupt ein
Sein, ein Raum, eine Materie, eine Natur?2 Gott hätte ja das
ganze Universum in ein Atom ein- und zusammenschmelzen
können; was über das Gebiet eines Atoms hinausgeht, ist
verschwendetes, überflüssiges, zweckloses Sein. Warum
gibt es denn nicht einen einzigen, sondern unzählig viele
Menschen? Soviel, als andere außer mir sind und haben,
soviel geht mir ab, so viele leere und unerfüllte Räume
sind in mir; jeder einzelne Mensch, der außer mir existiert,
ist ein Loch, eine Leere, eine Lücke in mir, ich bin ein
durchaus durchlöchertes Wesen, mein ganzes Sein ist eine
Pore, jedes Wesen meinesgleichen, das selbständig existiert,
bringt mir einen Stich, eine Wunde bei; in jedem Menschen
schaue ich bloß das an, was mir fehlt;3 die andern Menschen
sind nichts als die objektiven, selbständigen, außer mir
angeschauten Poren meines eignen Selbst. Und so sind
alle Dinge porös, voll leerer, lichter Räume. Warum ist
der einzelne Ton, warum nicht ein Ton 4 schon die ganze
Ouvertüre? Warum ist er einzelner Ton5? In diesem
einzelnen Ton schon findest du jene Zwecklosigkeit und
jenen leeren Raum, der dir nur an den Sternen wegen
1 lebevollen . . . lebenswarmen: lebensvollen B
2 In B folgt Zusatz: Dein
3 jeder einzelne Mensch . . . mir fehlt; Fehlt in B.
4 Ton, warum . . . Ton: Ton nicht schon B
5 Fehlt in B.
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Ludwig Feuerbach
Gesammlte Werke, Band 1
(Gemeinfreie Teile)
- Titel
- Ludwig Feuerbach
- Untertitel
- Gesammlte Werke
- Band
- 1
- Herausgeber
- Werner Schuffenhauer
- Verlag
- AKADEMIE-VERLAG BERLIN
- Datum
- 1981
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.6 x 17.8 cm
- Seiten
- 468
- Kategorie
- Geisteswissenschaften