Seite - 276 - in Ludwig Feuerbach - Gesammlte Werke, Band 1
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schrankenloses, unbestimmt und frei gelassenes; er be-
wegt sich, aber er hat eine bestimmte, durch seine Gestalt
bedingte Bewegung; er lebt in einem bestimmten Klima,
in einem bestimmten Element, dem Wasser, aber wieder
nicht im Wasser überhaupt, in jedem Wasser, sondern
in einem bestimmten Quell-, Fluß- oder Seewasser. Das
Seewasser ist ebensogut noch Wasser wie das Flußwasser,
und doch lebt dieser Fisch eben, weil er nie und nirgends
außer die Schranke hinausfällt, die der Mittelpunkt seiner
Natur ist, alles an ihm bestimmt und in sich faßt, nur
in diesem und keinem andern Wasser. Diese Wahrheit
kannst du selbst an dir erfahren, wiewohl sie im Geistigen
Modifikationen erleidet. Du bist ein moralisches, freies
Wesen; die andern Menschen, von denen du dich unter-
scheidest, sind es ebenso. Der Stoff gleichsam, das Element,
worin du bist und woraus du bestehst als moralisches
Wesen, ist der Wille, die Freiheit. Als Stoff ist der Wille
in allen Menschen gleich; mit demselben Willen und in
demselben Willen, in dem und mit dem du willst, will auch
der andere. Wie der Fisch in dem Wasser, so lebt der
Mensch in dem allgemeinen Elemente des Willens, wie aber
der bestimmte Fisch im bestimmten Wasser lebt, so
lebst du zugleich in einem bestimmten Willen. Durch die
Art des Wollens wird der an sich als Stoff und Element
in allen Menschen gleiche und eine Wille dein Wille, spezi-
fizierter, beschränkter, unterschiedner Wille, wird er Cha-
rakter. Allein du selbst, dieses besondre Subjekt, bist nun gar
nichts außer diesem spezifizierten Willen; diese Art des Wil-
lens, diese Schranke des einen sich gleichen Willens ist dein
Wesen, bist du selbst. Der Charakter des Menschen ist ja nicht
eine Eigenschaft oder Habe desselben, sondern er ist eins mit
ihm als besonderem Subjekte.1 Ändert sich dein Charakter,
das Maß, die bestimmte Ärt des Wollens, so änderst du dich
selbst; was du bist, bist du nur innerhalb dieses Maßes.
Auch das2 Leben hat seine notwendige Schranke, über
welche hinaus und unter welche hinunter es kein Leben
mehr gibt3, und derselbe Ort, welcher der Sitz und die
1 Der Charakter . . . Subjekte. Fehlt in B.
2 In B folgt Zusatz: menschliche
3 kein . . . gibt: nicht mehr existieren kann B
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Ludwig Feuerbach
Gesammlte Werke, Band 1
(Gemeinfreie Teile)
- Titel
- Ludwig Feuerbach
- Untertitel
- Gesammlte Werke
- Band
- 1
- Herausgeber
- Werner Schuffenhauer
- Verlag
- AKADEMIE-VERLAG BERLIN
- Datum
- 1981
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.6 x 17.8 cm
- Seiten
- 468
- Kategorie
- Geisteswissenschaften