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Unendlichen ist ja das Endliche in seinem Ende, nicht in
sich und für sich, in seiner Verneinung also, doch diese
Verneinung ist in einem seine Bejahung; das Endliche
im Ende des Endlichen, in der Schranke seiner Schranke,
in der Endlichkeit der Endlichkeit, in der Verneinung
seiner Verneinung ist gerade dann erst in seiner Bejahung.
Kannst du, Mensch, diese Natur des Unendlichen, daß
seine Verneinung Bejahung und umgekehrt ist, nicht in
sich selbst fassen, so suche wenigstens im Gleichnis, im
Bilde zu begreifen, wie Verneinung auch Bejahung sein
könne. Ist nicht der strafende Zorn des Vaters, welcher
als Zorn und Strafe Verneinung des Kindes ist, die Liebe
selbst zum Kinde, der Wille seines Besten, also die Be-
jahung desselben? Der Vater steht zum Kinde im Ver-
hältnis gleichsam des Unendlichen zum Endlichen, das
Kind ist der Mensch auf der Stufe seiner Endlichkeit
und Erscheinung, der Vater der Mensch auf der letzten
und unendlichen Stufe, auf der Stufe des Wesens, von
welcher Stufe daher der Vater als ein bestimmtes Indivi-
duum nicht mehr im Fortschritte, sondern nur im Rück-
schritte, nicht im Zunehmen, nur im Abnehmen begriffen
ist, weil er in der höchsten und letzten, der unendlichen
Stufe, die keine andere, geschweige eine höhere zu ihrer
Grenze hat, an sich schon als bestimmtes Einzelwesen
an das Ende seines Lebens gekommen ist. Der Zorn da-
gegen, mit dem ein Kind dem anderen Kind etwas zuleide
tut, ist nur Verneinung, denn das eine steht zum andern
im Verhältnis des Endlichen zum Endlichen. Ist nicht
in der Liebe selbst die Verneinung Bejahung? Wenn dein
Herz von Liebe zu einem Wesen entbrennt, so beschädigst
du und beraubst1 es, du entziehst ihm seine sorglose und
zufriedne Einheit mit sich selber, du nimmst ihm seine
aparte Existenz, seine Selbständigkeit. Du willst und be-
gehrst und forderst strenge, es soll nur mit dir und für
dich sein, eins mit dir, nicht aber getrennt, d. i . frei und
unabhängig von dir existieren; will sich daher das geliebte
Wesen von dir abtrennen, seine selbständige Existenz
wieder zurücknehmen oder gar nicht aufgeben, so tritt
die Verneinungskraft und -tätigkeit der Liebe nur als
1 beschädigst . . . beraubst: und beraubst du H
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Ludwig Feuerbach
Gesammlte Werke, Band 1
(Gemeinfreie Teile)
- Titel
- Ludwig Feuerbach
- Untertitel
- Gesammlte Werke
- Band
- 1
- Herausgeber
- Werner Schuffenhauer
- Verlag
- AKADEMIE-VERLAG BERLIN
- Datum
- 1981
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.6 x 17.8 cm
- Seiten
- 468
- Kategorie
- Geisteswissenschaften