Seite - 393 - in Ludwig Feuerbach - Gesammlte Werke, Band 1
Bild der Seite - 393 -
Text der Seite - 393 -
und wenngleich ein bestimmtes Wesen der äußerliche Ge-
genstand deiner Empfindung sein mag, so ist dieser Ge-
genstand nur die Veranlassung für dich zur Empfindung
des reinen Wesens, in der Empfindung selbst aber der
Liebe ist dir nur das reine Wesen selbst im und vom be-
stimmten Wesen Gegenstand; aber das reine Wesen ist
auch reines Sein und die Empfindung des reinen Wesens
und Seins selbst reines Wesen und Sein. Die Liebe also,
eine Schranke, faßt gleichwohl Unendlichkeit. Wenn aber
die Schranke, und was sonst noch Ausdruck der Schranke
sein mag, im Unendlichen selbst Unendlichkeit ist, so
ist auch das Ende des Individuums vor dem Unendlichen
und in ihm kein Ende, wie in ihm und vor ihm das Gewesen-
sein der gegenwärtigen Individuen nicht ein einstiges,
von dem Gegenwärtigsein abgetrennt ist, so ist in ihm und
vor ihm das Sein1 der gestorbenen Individuen nicht von
ihrem Gewesensein abgetrennt. Die Individuen, die nicht
mehr für sich, in der endlichen Relation zu sich selbst,
noch für uns, in der endlichen Relation zu uns sind, exi-
stieren noch im und vor dem Unendlichen, tot sind sie
nur im Verhältnis zu sich selbst als bestimmten Indivi-
duen und zu uns selbst als ebensolchen, aber nicht in
dem Verhältnis zum Wesen selbst und dem Unendlichen.
Die Menschen sterben insofern nur aus Verhältnissen und
vor- und füreinander, und der Tod selbst beruht auf Ver¬
gleichung. Und der Tod hat nur so viel Realität, als die
Vergleichung und das Verhältnis Realität hat. Nur unter
der Voraussetzung der Realität des Standpunkts der Ver-
gleichung und des Verhältnisses und nur innerhalb dieses
Standpunkts kann man von der Realität des Todes oder
der Unsterblichkeit reden.2 Tot nennst du etwas nur, in-
dem du es vergleichst mit dem, was es früher war, und
mit dem,3 was du selbst bist. Das Ende selbst4 eines Indi-
viduums ist nur für dich und höchstens für es5 nur insofern,
1 Hier endet das Teilstück von H.
2 Oh, laß mich jetzt noch einmal, göttliche [vgl. Seite 388]
. . . der Unsterblichkeit reden. Fehlt in B, wo das Kapitel
erst mit dem folgenden Tot nennst du -usiv. beginnt.
3 war, und . . . dem,: war und B
4 Ende selbst: Nichtsein, das Ende B
5 In B folgt Zusatz: selbst
393
Ludwig Feuerbach
Gesammlte Werke, Band 1
(Gemeinfreie Teile)
- Titel
- Ludwig Feuerbach
- Untertitel
- Gesammlte Werke
- Band
- 1
- Herausgeber
- Werner Schuffenhauer
- Verlag
- AKADEMIE-VERLAG BERLIN
- Datum
- 1981
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.6 x 17.8 cm
- Seiten
- 468
- Kategorie
- Geisteswissenschaften