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in sich entzweite, so wäre er nicht Geist, nicht Wissen,
nicht selbstbewußt, „denn in einem einigen Wesen, dar-
innen keine Schiedlichkeit*- ist, das nur eines ist, da ist keine
Wissenschaft" („Clavis" etc., 122). Nur aus dem principium
der Negativität, der Scheidung und Unterscheidung ent-
quillt der selbstbewußte Geist. Das principium der Nega-
tivität, das Prinzip, daß Etwas überhaupt im Unterschiede
für sich wird und sein Fürsichsein in dieser Unterscheidung
und Abtrennung fixiert3, ist aber das Prinzip4 des Bösen5,
„denn aller böser Wille ist ein Teufel als nämlich ein selbst-
gefaßter Wille zur Eigenheit, ein abtrünniger vom ganzen
Wesen in eine Phantasei" („Gnaden-Wahl", c. 2, 12)°. Gott
ist also nur durch den Teufel, das principium der Ver-
neinung, Wissenschaft, Geist. Denn er wird nur dadurch,
daß er aus sich herausgeht, ausfleußt, sich von sich unter-
scheidet und entzweit, dieses zweite als ein anderes, einen
Gegensatz sich setzt und aus diesem Herausgehen, diesem
Entzweien wieder in sich hineingeht, für sich, sich selbst
offenbar, Ichheit. Das Selbstbewußtsein Gottes aber ist
als die allerheiligste, allereinigste, allererste, ursprünglich-
ste7 Unterscheidung und Entzweiung das principium aller
Differenzen, damit das Prinzip der Natur. „Die Weisheit
ist Wissenschaft, ein subjectum oder Gegenwurf der un-
gründlichen Einheit, ein Wesen, darinnen der heilige Geist
würket, formet und bildet, sie ist das Leidende, und der
Geist Gottes ist in ihr das Tuende, sie ist das große Myste-
rium göttlicher Art, denn in ihr werden die Kräfte, Farben
und Tugenden offenbar: In ihr ist die Schiedlichkeit der
Kraft als der Verstand, sie ist selber der göttliche Verstand,
als die göttliche Beschaulichkeit8, darin die Einheit offenbar
ist: Sie ist das rechte göttliche Chaos, darinnen alles lieget
1 Schiedligkeit A ; wird im folgenden nicht weiter vermerkt.
2 13 A
3 das Prinzip . . . fixiert, Fehlt in A.
4 principium A
5 In A folgt: , die Ursache, daß etwas überhaupt im Unter-
schiede für sich wird und sein Fürsichsein in dieser Unter-
scheidung und Abtrennung befestigt
6 in eine:, und eine A; — Wahl: — Mahl Druckfehler in A.
7 Fehlt in A.
8 Beschauligkeit A; wird im folgenden nicht weiter vermerkt.
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Ludwig Feuerbach
Gesammlte Werke, Band 1
(Gemeinfreie Teile)
- Titel
- Ludwig Feuerbach
- Untertitel
- Gesammlte Werke
- Band
- 1
- Herausgeber
- Werner Schuffenhauer
- Verlag
- AKADEMIE-VERLAG BERLIN
- Datum
- 1981
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.6 x 17.8 cm
- Seiten
- 468
- Kategorie
- Geisteswissenschaften