Seite - 546 - in Ludwig Feuerbach - Gesammlte Werke, Band 1
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Farben funkelt, einen Diamanten; aber die Philosophie
berührt, um das Wesen vom Scheine zu unterscheiden, mit
dem Zeigefinger des Verstandes den Wassertropfen und
macht so mit einem Tupfer der glänzenden Täuschung ein
Ende.
Die echten Schriftsteller sind die Gewissensbisse1 der
Menschheit. Das Gewissen stellt die Dinge anders dar, als
sie scheinen; es ist das Mikroskop, das sie vergrößert, um
sie unsern stumpfen Sinnen deutlich und erkennbar zu
machen. Es ist die Metaphysik des Herzens. Es kritisiert
mit Strenge und Bitterkeit unsere Handlungen, löst sie
in ihre Motive auf und selbst diese wieder in ihre feinsten
Bestandteile, macht zu unserm größten Leidwesen haar-
scharfe Distinktionen,. die wir zu unsrer Beruhigung für
bloße Hirngespinste und Spitztündigkeiten auszugeben nur
gar zu sehr geneigt sind; es ist ein Doctor seraphicus, ein
Doctor fundatissimus, ein Doctor subtilissimus [engels-
gleicher, bestfundierter, allerfeinster Lehrmeister]. Arm-
selige Menschheit, wenn du kein gutes Gewissen mehr hast,
wenn du die Vorwürfe, die es dir macht, als bloße Subtili-
täten und Superlative, als Übertreibungen eines kränklichen,
überspannten Gemüts betrachtest, um die Stimme des Ge-
wissens zu betäuben!
Wir Menschen samt und sonders sind im Leben auf der
Universität. Wir hören hier interessante Kollegien, lernen
Menschen aus allen Ländern und von den verschiedensten
Charakteren kennen, üben die ritterlichen Künste ein und
aus, feiern attische Nächte, kommen oft ganze Tage lang
nicht zu uns nach Hause, machen Reisen und Fahrten aller
Art und bestehen so manches traurige Abenteuer, sei es
nun durch unsre Schuld oder nicht; aber gleichwohl ist
es uns in dem Elemente der akademischen Freiheit so wohl
wie dem Fisch im Wasser. Es ist fürwahr ein schönes Leben,
Aber dessenungeachtet bekommen wir es beizeiten herzlich
satt, obskurieren daher und schreiben an einer Abhandlung
in lateinischer Sprache, um als Doktoren der Weltweisheit
zu promovieren.1
1 Wir Menschen samt und sonders . . . zu promovieren.
Fehlt in C.
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Ludwig Feuerbach
Gesammlte Werke, Band 1
(Gemeinfreie Teile)
- Titel
- Ludwig Feuerbach
- Untertitel
- Gesammlte Werke
- Band
- 1
- Herausgeber
- Werner Schuffenhauer
- Verlag
- AKADEMIE-VERLAG BERLIN
- Datum
- 1981
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.6 x 17.8 cm
- Seiten
- 468
- Kategorie
- Geisteswissenschaften