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Ludwig Feuerbach - Gesammlte Werke, Band 1
Seite - 571 -
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nimmt. Endlich brach die volle Mitternacht über Europa herein, und sie dauerte, nur von einzelnen Lichterschei- nungen unterbrochen, so lange fort, bis endlich wieder die Menschheit die Unsterblichkeit des Geistes in den klas- sischen Werken der Alten gottesdienstlich feierte. Warum waren aber ihre Wirkungen so erstaunlich groß und mächtig? Warum verdanken wir ihnen, gerade nur ihnen, alle unsre Bildung? Weil sie noch in den elysäischen Gefilden das sind und treiben, was sie schon im Leben waren und trieben, weil sie die allein stich- und standhaltigen Proben ihrer Unsterblichkeit schon im Leben ablegten, weil sie mit unwandelbarer Treue, mit unbedingter Hingebung bei dem, worin sie einmal waren, als dem Letzten, dem Wahren, dem Ewigen, stehenblieben, weil ihnen die Wir- kungen der Gegenwart die einzigen Bürgen der Zukunft waren. In vino veritas [im Wein ist Wahrheit], das ist ein alter, ein recht schöner und probater Spruch. Aber ich sehe nur nicht ein, warum wir allein dem Weine die Kraft beilegen wollen, die Zunge zu lösen und die Geheimnisse der Seele zu offenbaren. Wir können mit gleichem Rechte sagen: in amore veritas, in gaudio veritas, in dolore veritas [in der Liebe, in der Freude, im Schmerz ist Wahrheit] usw.1, denn in Liebe, Freude, Schmerz wirft der Mensch -die Schranken und Rücksichten weg, die er sonst beobachtet, und enthüllt so sein wahres Wesen. Wir können überhaupt sagen, daß sich da ein Wesen zu erkennen gibt, wo es sich frei, unbedingt, rücksichtslos ausspricht, denn nur da gibt es sich ein entschiedenes und charaktervolles, ein absolut bestimmtes Dasein. Wo glaubt ihr denn z. B. die Natur einer Leidenschaft, par exemple [beispielsweise] der Liebe, erkennen zu können? Etwa da, wo die Brust ausgepolstert ist mit einem ganzen Wulst voll anderweitiger Interessen, Sorgen und Rücksichten, so daß die Pfeile Cupidos durch den Watt nicht durchdringen, höchstens nur einen leichten Ritz auf der Haut bewirken können, oder nicht vielmehr da, wo das entblößte, das frank und freie Herz von seinen Pfeilen sich bis auf den Grund durchbohren läßt? Etwa da, 1 usw. Fehlt in C. 571
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Ludwig Feuerbach Gesammlte Werke, Band 1
(Gemeinfreie Teile)
Titel
Ludwig Feuerbach
Untertitel
Gesammlte Werke
Band
1
Herausgeber
Werner Schuffenhauer
Verlag
AKADEMIE-VERLAG BERLIN
Datum
1981
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
11.6 x 17.8 cm
Seiten
468
Kategorie
Geisteswissenschaften

Inhaltsverzeichnis

  1. Gedanken über Tod und Unsterblichkeit 175
    1. Vorsprüche 177
    2. Demütige Bitte 179
    3. Vorwort des Herausgebers 180
    4. Einleitung 183
      1. I. Gott 203
      2. II. Zeit, Raum, Leben 241
      3. III. Geist, Bewußtsein 318
      4. IV. Reimverse auf den Tod 360
      5. V. Schluß 388
      6. VI. Anhang: Xenien 407
  2. Der Ursprung des Bösen nach Jakob Böhme 517
  3. Abälard und Heloise oder Der Schriftsteller und der Mensch 533
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