Seite - 580 - in Ludwig Feuerbach - Gesammlte Werke, Band 1
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lieh sehr mit Besuchen überhäuft wurde. Voltaire läßt
sagen, daß er krank sei. Den nächsten Tag kommt der
Unbekannte wieder. Ermüdet von dieser Zudringlichkeit,
läßt Voltaire antworten, daß er in den letzten Zügen liege.
,Und wenn dieser Zudringliche', fügte er hinzu, ,noch ein-
mal kommt, so sage man ihm, daß ich bereits maustot und
selbst schon begraben bin.'" Eine bornierte und in ihrer
Borniertheit konsequente Moral könnte, wie gesagt, auch
in diesen naiven Mitteln, den Zudringlichkeiten des Lebens
zu entgehen, einen ganzen Bündel von Unmoralitäten auf-
finden, aber es ist nun einmal so: Wo unsere geistige
Existenz im Spiele ist, da erlauben wir uns auch sogar un-
erlaubte Mittel, um uns zu retten. Not bricht Eisen. Der
Humanist Hermolaus Barbarus zitierte einst sogar den
Teufel, um sich aus einer literarischen Verlegenheit zu
helfen, und Voltaire gab einst einem Bedienten, den er so
heftig angefahren hatte, daß er ihm davonlief und die
Worte ausrief: „Sie müssen, mein Herr, den Teufel im
Leibe haben", in aller Sanftmut zur Antwort: „Ach, mein
Lieber, ich habe noch was Schlimmeres im Leibe als den
Teufel, ich habe nämlich im Kopfe einen verdammten
Tyrannen (Voltaire arbeitete gerade an einer Tragödie,
wo diese Szene vorkommt), den ich erdolchen will, um ihn
zu verhindern, bei einer sehr ehrbaren Fürstin zu schlafen;
ich kann damit nicht fertig werden, und das ist's, was mich
so toll macht."
Sowenig eine Ehe geradezu schon deswegen eine glück-
liche ist und auf wahrer Liebe beruht, weil sie gegen den
Willen der Eltern1 von dem verliebten Paare geschlossen
worden, sowenig ist ein Studium, das einer wider den
Willen seiner Eltern1 ergreift, deswegen auch schon sein
von der Natur ihm bestimmter Beruf, in dem er einst
Tüchtiges leisten wird. Aber das ist doch wahr, daß fast
die meisten großen Schriftsteller, man denke nur z. B. an
Lukian, Luther, Voltaire, Rousseau, Torquato Tasso, Ariost,
Shakespeare, Boccaccio, Ulrich von Hutten, Moliere, Lessing,
Petrarca, Thomas Aquino, Cujaccius, Sabellicus, Conrad
Celtes, Cuvier, Diderot, wider das Gebot und die Bestimmung
1 Altern C
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Ludwig Feuerbach
Gesammlte Werke, Band 1
(Gemeinfreie Teile)
- Titel
- Ludwig Feuerbach
- Untertitel
- Gesammlte Werke
- Band
- 1
- Herausgeber
- Werner Schuffenhauer
- Verlag
- AKADEMIE-VERLAG BERLIN
- Datum
- 1981
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.6 x 17.8 cm
- Seiten
- 468
- Kategorie
- Geisteswissenschaften