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Ludwig Feuerbach - Gesammlte Werke, Band 1
Seite - 582 -
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diesem Glauben wurzelt sein ungebändigter Schaffungs- trieb. Die Alten hingegen lassen die Flügel hängen ; ihre Hoffnungen sind bereits erfüllt oder fehlgeschlagen; sie stehen auf dem trocknen Boden des Gedächtnisses, der Erinnerung, die gerade am meisten den Menschen ein- schläfert und seinen Tätigkeitstrieb lähmt. Mit Ruhe sehen sie dem Grabe nur dann entgegen, wenn sie wissen, daß alles noch auf dem alten Flecke steht, daß die Welt so ist und so bleiben wird, wie sie zu ihrer Zeit war und wde sie bereits hinlänglich sie kennen und satt haben, wenn sie denken, daß sie schon das Beste genossen haben, nichts Besseres nach ihnen kommen wird und kann. Wenn wir eine geliebte Wohnung mit feuern Gegenständen verlassen müssen, so wünschen wir, daß in unsrer Abwesenheit nichts daran verändert werden möge, damit wir auch in der Ent- fernung uns noch in ihr orientieren können, der Einbildung nach uns zu Hause finden und, wenn auch nicht mehr den wirklichen Genuß der Anschauung, doch wenigstens den trostreichen Gedanken haben: Es ist noch alles beim Alten, ein Gedanke, der auch dem Menschen den Schmerz über den unvermeidlichen Verlust seines Lebens erträglich macht. Sobald also ein neuerungslustiger literarischer Gelb- schnabel auch nur durch die leisesten Regungen sein Dasein kundgibt, so steckt sich schon die Welt in aller Geschwin- digkeit hinter die Alten, die denn auch nichts unter- lassen, um ihn, mit dem Dekalogus und allen sonstigen ihnen zu Gebote stehenden Abschreckungsmitteln in der Hand, von seinem in ihrer Meinung tollen Unternehmen abzubringen und zu bewegen, daß er sich nach der Weise seiner Väter ernähre und statt der Studien ein ehrliches bürgerliches Geschäft ergreife. Die Welt weiß wohl aus tausendfältiger Erfahrung nur zu gut, daß der Gelbschnabel, verloren in Entzücken über die herrliche Stimme seines Genius, die, nur ihm vernehmbar, labenden Trost und Mut seiner Brust einflößt und um so magischer auf sein Gemüt wirkt, aus je größerer Entfernung sie zu ihm dringt, von den gewaltigen Donnerflüchen, die sie über ihn schleudert, ganz ungerührt wie ein Tauber dastehen bleibt, daß alle Mittel, die sie anwendet, um ihn aus dem Stande eines Freien, eines ungebundnen homme de lettres [Gelehrten] in den Notstall ihrer kümmerlichen Beschränktheit einzu- 5S2
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Ludwig Feuerbach Gesammlte Werke, Band 1
(Gemeinfreie Teile)
Titel
Ludwig Feuerbach
Untertitel
Gesammlte Werke
Band
1
Herausgeber
Werner Schuffenhauer
Verlag
AKADEMIE-VERLAG BERLIN
Datum
1981
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
11.6 x 17.8 cm
Seiten
468
Kategorie
Geisteswissenschaften

Inhaltsverzeichnis

  1. Gedanken über Tod und Unsterblichkeit 175
    1. Vorsprüche 177
    2. Demütige Bitte 179
    3. Vorwort des Herausgebers 180
    4. Einleitung 183
      1. I. Gott 203
      2. II. Zeit, Raum, Leben 241
      3. III. Geist, Bewußtsein 318
      4. IV. Reimverse auf den Tod 360
      5. V. Schluß 388
      6. VI. Anhang: Xenien 407
  2. Der Ursprung des Bösen nach Jakob Böhme 517
  3. Abälard und Heloise oder Der Schriftsteller und der Mensch 533
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