Seite - 603 - in Ludwig Feuerbach - Gesammlte Werke, Band 1
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habe, daß ich mich selbst nicht mehr recht zu orientieren
weiß und die numero [Zahl] aus dem Kopfe verloren habe,
bei der ich zuletzt stehengeblieben bin. Denn, um es nur
offen zu gestehen, ich hätte sie auf einem viel bequemeren
Wege auf den Standpunkt führen können, wo wir gegen-
wärtig sind. Statt eine langweilige detaillierte Deskription
von dem Charakter des Geistes zu geben, hätte ich ihnen
nur einen gewissen Namen nennen dürfen. Denn wenn-
gleich wohl die meisten von dem Wesen, das er bezeichnet,
gar nichts weiter wissen als eben nur den Namen, so tut
das doch gar nichts zur Sache; er würde doch allein hin-
gereicht haben, ihnen die befriedigendste1 Einsicht zu
verschaffen. So wird, wenn wir von einem hohen Berge
entfernte, kaum mehr bemerkbare Ortschaften erblicken,
allein schon durch den Namen des Orts, den uns der Führer
sagt, unsere topographische Wißbegierde dergestalt be-
friedigt, daß wir ihm sogleich den Rücken kehren, um
uns wieder woandershin zu wenden; und dann selbst,
wenn wir nur einigermaßen, was fast ohne Ausnahme der
Fall ist, zur Aufschneiderei in dergleichen Dingen Anlage
haben, uns kein Gewissen daraus machen, auf die Frage:
„Sind sie dort gewesen?" die zweideutige Antwort zu
geben: „Wir haben den Ort gesehen, wir kennen ihn recht
gut", ob wir ihn gleich nur aus der weitesten Entfernung,
ganz in Nebel gehüllt, erblickten. Meine Leser werden von
selbst den Namen erraten, den ich meine, das weiß ich
im voraus. Ich darf ihnen nur sagen: Es ist der Name, bei
dessen Schall schon allein das Trommelfell ihrer schwachen
Ohren auf eine so höchst empfindliche Weise erschüttert
wird, daß sie, bei ihrem ohnedem zur Epilepsie geneig-
ten2 Herzen, wie gewisse Tiere bei manchen Tonarten, die
heftigsten Konvulsionen bekommen; der Name, der nichts
anders ist als der präzise Ausdruck ihrer eignen Unwissen-
heit, der aufs Haar gerade nur das bezeichnet, was sie
nicht kennen und verstehen, der nur der geduldige Packesel
ist, dem sie die große Last ihrer eignen Dummheiten,
ihrer selbstbegangnen Todsünden, ihrer Sünden gegen den
Heiligen Geist aufbürden, um durch diesen glücklichen
1 So ergänzt auch C,
2 Im Original A/B: geneigtem Hier berichtigt nach C.
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Ludwig Feuerbach
Gesammlte Werke, Band 1
(Gemeinfreie Teile)
- Titel
- Ludwig Feuerbach
- Untertitel
- Gesammlte Werke
- Band
- 1
- Herausgeber
- Werner Schuffenhauer
- Verlag
- AKADEMIE-VERLAG BERLIN
- Datum
- 1981
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 11.6 x 17.8 cm
- Seiten
- 468
- Kategorie
- Geisteswissenschaften