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Ludwig Feuerbach - Gesammlte Werke, Band 1
Seite - 605 -
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Gipfel der Menschenwohnungen führt, von hier aus mit ihm den Leuten in die Fenster guckt, ohne daß sie es merken und wünschen, sie in ihren geheimsten Verrich- tungen, in ihren skandalösesten Situationen ihm zeigt und an dem erbaulichen Beispiel einer alten Dame, die mit den Blendwerken ihrer falschen Schönheit Jünglinge, ja selbst Männer in die Garne ihrer Liebesintrigen zieht und die er eben in dem rührenden Momente überrascht, wo sie ihre Siegesinstrumente, ihre weißen Zähne, ihre üppigen Locken und die weitern verführerischen Etcetera ihres Körpers auf ihr Nachttischchen hinlegt, die Illu- sionen der Welt vor seinen Augen verschwinden läßt. Ein Philosoph ist ein unverschämter Mensch, denn er drängt sich mit Gewalt durch die Menge durch, um über- all den ersten Platz zu bekommen, und setzt sich nicht innen hinein in den Omnibus-Wagen des Lebens, sondern vornen hinaus auf das Kabriolett oder gar, wenn keins da ist, auf den Kutschenbock, um immer freie Luft zu schöpfen, alles besser überschauen zu können und, was da kommt, immer gleich aus der ersten Hand zu haben, und wenn er sich auch einmal eine Zeit lang in den Me- nageriekasten hineinsetzt, so macht er den Spion, ohne ein Wort mit den Leuten zu sprechen, und stört so schon durch seine bloße Gegenwart die lustige Reisegesellschaft in dem harmlosen Vergnügen ihres gedankenlosen Geplauders, und wenn er ja einmal den Mund auftut, so sprengt er sie mit seinen kurzen Paradoxen wie eine Herde unschuldiger Schafe auseinander, wenn Wölfe unter sie geraten. Ein Philosoph ist ein schändlicher1 Mensch; ein Don Juan, ein Dr. Faust sind noch wahre Engelskinder gegen ihn; die Welt wäre heute noch so lammfromm, so unwissend, so un- schuldig wie ein Kind, hätte er sie nicht mit der dialek- tischen Verschmitztheit seines mephistophelischen Ver- standes zu Fall gebracht. Oh, die goldne Zeit, wo noch auf Scheiterhaufen die Ketzer und Philosophen, als einzige lucida intervalla [lichten Augenblicke] in der Nacht der Un- wissenheit, als schöne Weihnachtskerzchen zur Erbauung und Belustigung der unschuldigen Gemüter der damaligen2 1 unsittlicher C 2 gläubigen C 6P5
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Ludwig Feuerbach Gesammlte Werke, Band 1
(Gemeinfreie Teile)
Titel
Ludwig Feuerbach
Untertitel
Gesammlte Werke
Band
1
Herausgeber
Werner Schuffenhauer
Verlag
AKADEMIE-VERLAG BERLIN
Datum
1981
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
11.6 x 17.8 cm
Seiten
468
Kategorie
Geisteswissenschaften

Inhaltsverzeichnis

  1. Gedanken über Tod und Unsterblichkeit 175
    1. Vorsprüche 177
    2. Demütige Bitte 179
    3. Vorwort des Herausgebers 180
    4. Einleitung 183
      1. I. Gott 203
      2. II. Zeit, Raum, Leben 241
      3. III. Geist, Bewußtsein 318
      4. IV. Reimverse auf den Tod 360
      5. V. Schluß 388
      6. VI. Anhang: Xenien 407
  2. Der Ursprung des Bösen nach Jakob Böhme 517
  3. Abälard und Heloise oder Der Schriftsteller und der Mensch 533
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