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Ludwig Feuerbach - Gesammlte Werke, Band 1
Seite - 608 -
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Rousseau, der unter anderm von sich selbst sagte: „Ich habe immer Witz und Verstand eine halbe Stunde später als andere; gerade wenn es nicht mehr Zeit ist, weiß ich auf ein Haar, was ich arbeiten sollte"; an Goethe, der oft Zustände hatte „wo es ihm vorkam, als habe er nie ein Ge- dicht gemacht und würde "er auch nie mehr eines machen"; an Schiller, wenn er Goethe schreibt: „Wie sind wir doch alle mit unsrer geprahlten Selbständigkeit an die Kräfte der Natur angebunden, und was ist unser Wille, wenn die Natur versagt! Worüber ich schon fünf Wochen lang brütete, das hat ein milder Sonnenblick binnen drei Tagen in mir gelöst; freilich mag meine bisherige Beharrlichkeit diese Entwicklung vorbereitet haben, aber die Entwick- lung selbst brachte mir doch die erwärmende Sonne mit"; an Milton, dessen poetische Ader sich nur zu gewissen Jahreszeiten, nämlich im Frühjahr und Herbst, öffnete, an Ariosto, der an einem Paar Stanzen einen Tag arbeitete, an Guarini, Boileau, Malesherbe, Balzac, Voiture und, um euch nicht zu vergessen, ihr mir besonders werte[n]1 Philo- logen, an Linacer und Paulus Manutius, der zwischen jeder Zeile, die er schrieb, vier Finger breit Raum ließ, um, wenn ihm etwas Beßres einfiel, solches gleich ein- rücken zu können, und so über einer Epistel oft Monate lang saß, und um euch auch einen Hieb noch zu guterletzt hinauszugeben, ihr Philosophen, an Leibniz, der sich selbst zu jener seltsamen Menschenklasse rechnet, die abwech- selnd, je nach Zeit und Ortsumständen, bald eine wunder- bar schnelle, bald eine außerordentlich langsame Fassungs- und Erfindungsgabe hat und von sich sagt, daß ihm zwar alles Schwere leicht, aber auch alles Leichte schwer werde. Wenn daher die delikaten Leser und Leserinnen bei der Lektüre selbst ihrer Lieblingsbücher an die Schweißtropfen dächten, die sie ihren Verfassern kosteten, so würden sie allen Appetit zu euren Werken so gewiß verlieren, als ihnen der Appetit zu vielen Speisen verginge, wenn sie während des Genusses an die Art ihrer Zubereitung dächten. Und wenn ihr auch einmal drin im Zuge seid, wenn euch die Arbeit so leicht und rasch wie ein homerischer Dak- tylus von der Feder fließt, was habt ihr nicht auch da 1 So ergänzt auch C. 608
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Ludwig Feuerbach Gesammlte Werke, Band 1
(Gemeinfreie Teile)
Titel
Ludwig Feuerbach
Untertitel
Gesammlte Werke
Band
1
Herausgeber
Werner Schuffenhauer
Verlag
AKADEMIE-VERLAG BERLIN
Datum
1981
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
11.6 x 17.8 cm
Seiten
468
Kategorie
Geisteswissenschaften

Inhaltsverzeichnis

  1. Gedanken über Tod und Unsterblichkeit 175
    1. Vorsprüche 177
    2. Demütige Bitte 179
    3. Vorwort des Herausgebers 180
    4. Einleitung 183
      1. I. Gott 203
      2. II. Zeit, Raum, Leben 241
      3. III. Geist, Bewußtsein 318
      4. IV. Reimverse auf den Tod 360
      5. V. Schluß 388
      6. VI. Anhang: Xenien 407
  2. Der Ursprung des Bösen nach Jakob Böhme 517
  3. Abälard und Heloise oder Der Schriftsteller und der Mensch 533
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