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Ludwig Feuerbach - Gesammlte Werke, Band 1
Seite - 616 -
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lichste, düsterste und krittlichste Hypochondrist ist, wie Moliere, der sich selbst den unglücklichsten Menschen unter der Sonne nannte, noch selbst solche sonderbare[n] Er- scheinungen, z. B. daß einer, wie der Engländer Steele, mit einer Ungeheuern Perücke, die fünfzig Guineen ko- stete, auf dem Kopfe seinen Versuch über die Verkehrt- heiten der Mode verfassen kann, ein anderer über die Ehe ein ganzes Buch voll der vortrefflichsten Gedanken schreibt, ohne doch deswegen sich selbst zu verheiraten1 und, ob- wohl ein Schriftsteller edlen, geistigen Wesens, doch zugleich sinnlichen Leidenschaften sich hingeben kann, wie Hippel. Ihr seht hoffentlich, daß ich selbst solche Beispiele kenne, als ihr vielleicht meinen Behauptungen entgegensetzen wollt, und ich könnte noch frappantere anführen, wenn ich ge- rade Lust zu Zitationen hätte. Aber alle diese Beispiele machen mir so wenig bange, daß ich vielmehr gerade das Gegenteil von euren Folgerungen aus ihnen herausziehe. Ebendeswegen und einzig und allein nur deswegen, weil der Schriftsteller sein wahres Selbst, welches eins ist mit seinem schöpferischen Geiste, in seinen Schriften gibt, weil er in den seiner Muse mittel- und unmittelbar geweihten Stunden seine Seele am freisten entfaltet, kann er sein und ist er oft — leider, freilich immer eine betrübende Er- scheinung — ein anderer in der Hülle seiner vergänglichen Persönlichkeit als in seinen Schriften und ist folglich auch aus diesen sein wahres Wesen als Mensch zu erkennen und beurteilen. Nicht an den Werktagen, wo das Volk nur mit Sorgen und Arbeiten für die Erhaltung seiner Existenz be- schäftigt ist, sondern an den Sonn- und Festtagen, wo es aus den dumpfen engen Werkstätten ins Freie hinaus- strömt, sich seinen Lieblingsvergnügungen und -neigungen ohne Rückhalt überläßt, könnt ihr am besten und reinsten seine Individualität, sein eigentümliches Wesen erkennen. Und die Pflanze gibt nicht an den Blättern und Ästen, an Stamm und Wurzeln, sondern an der Blume am schön- sten, am bestimmtesten und erkennbarsten ihr inneres Wesen kund. Ich bitte euch um alles in der Welt, in welchen Momenten des Lebens glaubt ihr denn wohl das wahre Wesen eines 1 Im Original A/B: verheuraten Hier berichtigt nach C. 6 l6
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Ludwig Feuerbach Gesammlte Werke, Band 1
(Gemeinfreie Teile)
Titel
Ludwig Feuerbach
Untertitel
Gesammlte Werke
Band
1
Herausgeber
Werner Schuffenhauer
Verlag
AKADEMIE-VERLAG BERLIN
Datum
1981
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
11.6 x 17.8 cm
Seiten
468
Kategorie
Geisteswissenschaften

Inhaltsverzeichnis

  1. Gedanken über Tod und Unsterblichkeit 175
    1. Vorsprüche 177
    2. Demütige Bitte 179
    3. Vorwort des Herausgebers 180
    4. Einleitung 183
      1. I. Gott 203
      2. II. Zeit, Raum, Leben 241
      3. III. Geist, Bewußtsein 318
      4. IV. Reimverse auf den Tod 360
      5. V. Schluß 388
      6. VI. Anhang: Xenien 407
  2. Der Ursprung des Bösen nach Jakob Böhme 517
  3. Abälard und Heloise oder Der Schriftsteller und der Mensch 533
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