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Ludwig Feuerbach - Gesammlte Werke, Band 1
Seite - 617 -
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Schriftstellers erkennen z u können? Etwa in denen, wo er schläft und die übrigen natürlichen Bedürfnisse befrie- digt? Oder in denen, wo er sich seine Zähne putzt, seine Haare auskämmt, seine Kleider und Stiefel1 anzieht? Oder i n denen, wo er lästige Besuche zu m a c h e n hat und in den langweihgsten Gesellschaften von der Welt einen Abend, oft einen ganzen Tag verschmachten muß ? Oder in denen, w o er Geschäfte zu verrichten hat, die lediglich ins De- partement der Auswärtigen Angelegenheiten gehören, seine ganze Denk- und Gesinnungsweise auch nicht im gering- sten berühren? Oder in denen, wo unselige Gemütsbestim- mungen oder körperliche Übel alle Kanäle seiner Empfin- dungen und Gedanken verstopfen, so daß er gedankenlos wie ein Tier und empfindungslos wie eine Pflanze ist? Ihr werdet mir zugeben, daß wir in allen diesen Momenten nicht das wahre Wesen eines Schriftstellers haben und er- kennen können, daß er, im Gegenteil, in allen diesen Augen- blicken mehr oder weniger gewissermaßen außer sich i s t , entzogen dem Kreise von Gegenständen und Tätigkeiten, i n denen er sich selbst angehört, sein eigentliches Leben bewährt. Substrahiert also v o n dem an sich schon so kurzen Leben des Menschen alle Momente, wo er gleichsam in einer U n g e h e u e r n Entfernung von sich selbst s i c h befindet, und ihr werdet einsehen, daß v o n der Spanne Lebenszeit nur ein ganz k l e i n e s Restchen, ein bloß einige, o f t kaum nur einen Zoll breites Flecklein übrigbleibt, das wir als den Spiel- und Tummelplatz seiner Seele ansehen können, daß uns f o l g l i c h zum Maßstab für die Beurteilung des Wesens eines Menschen, der der geistigen Tätigkeit sich weiht, nur die Sonn- und Festtage v o n seinem Leben übrigbleiben, die er in der freien Natur seines Geistes und in dem Tempel seiner Muse zubringt und in seinen Schriften verewigt. Und, wie gesagt, wenn auch einer die Perücke, die er im Gotteshause seines Geistes als eine Verkehrtheit von sich wirft, auf dem Marktplatze des alltäglichen Lebens aufsetzt, so bleibt es doch dabei: daß er nur in den Momenten, wo er die Perücke von sich wirft, sein wahrhaftes Selbst gibt, daß er doch ein freier Mensch ist, wenn er sie gleich an seinem Leibe trägt, wenn sie ihm nur nicht auf Geist und 1 Stiefeln C 617
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Ludwig Feuerbach Gesammlte Werke, Band 1
(Gemeinfreie Teile)
Titel
Ludwig Feuerbach
Untertitel
Gesammlte Werke
Band
1
Herausgeber
Werner Schuffenhauer
Verlag
AKADEMIE-VERLAG BERLIN
Datum
1981
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
11.6 x 17.8 cm
Seiten
468
Kategorie
Geisteswissenschaften

Inhaltsverzeichnis

  1. Gedanken über Tod und Unsterblichkeit 175
    1. Vorsprüche 177
    2. Demütige Bitte 179
    3. Vorwort des Herausgebers 180
    4. Einleitung 183
      1. I. Gott 203
      2. II. Zeit, Raum, Leben 241
      3. III. Geist, Bewußtsein 318
      4. IV. Reimverse auf den Tod 360
      5. V. Schluß 388
      6. VI. Anhang: Xenien 407
  2. Der Ursprung des Bösen nach Jakob Böhme 517
  3. Abälard und Heloise oder Der Schriftsteller und der Mensch 533
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