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48 Adelsgesellschaft imWandel
AdeligenabgrenztenundpolitischeundsozialePrivilegienbeanspruchten.Das
Gebürtigkeitsprinzip fußteaufderAhnenprobe,die sowohlmütterlicher-alsauch
väterlicherseits jeachtadeligeAhnenverlangte.Esmusstesichdemnachbiszuden
UrurgroßelterneineinwandfreierStammbaumnachweisen lassen.Durchdiese
Prüfunggelanges,denHofrundumdenMonarchenreinaristokratischzuhalten,
auchweil esnichtmöglichwar,durchbesondereVerdiensteoderfinanzielleMittel
indenerlesenenKreisderWienerHofgesellschaftaufgenommenzuwerden.Der
sogenannteGothaderfürstlichenundgräflichenHäuserwareinregebenutztesBuch
derAristokratie,dennesbelegtedie„makellose“AbstammungderAristokraten.
WollteeineFamilieweiterhinzumhohenAdelgehörenundnichtabsteigenaus
der„erstenGesellschaft“ indie„zweiteGesellschaft“–wosiewohlnochdemNa-
mennachzumAdelgehörte, jedochnichtmehrhoffähigwar–musste sie sichbei
Heiratsverbindungenbedingungslosandie imGothageführtenaristokratischen
Geschlechterhalten.
Bis zumEndederMonarchiekonnte sichdie „ersteGesellschaft“Wiens ihre
Exklusivitätbewahren.Obwohlsieversuchte,privatundgesellschaftlichnichtmit
anderenGesellschaftsschichtenbspw.demreichenGroßbürgertumzuverkehren,
wardieAristokratie teilweiseaufderenDiensteangewiesen.Zwar lehntedie„erste
Gesellschaft“bürgerlichePrinzipienwieBildungundLeistungabundbeharrteauf
ihrenaltenVorrechten.DashatteaberzurFolge,dass ihreBeteiligungamStaat
abnahm,weildieseraufausgebildeteLeuteangewiesenwar.DievomKaisererlas-
seneVerfassungvon1861gestaltetedenStaatvoneinemabsolutistisch ineinen
konstitutionell regiertenum,womit sowohldieMachtdesKaisers als auchdes
Hofadels sank.Der1861nachenglischerVorlageeingerichteteReichsratbestand
ausdemHerrenhaus, indemerblicheundvomKaiserbestellteMitgliederEinsitz
nahmen,unddemdurchWahlenbestelltenAbgeordnetenhaus.Zudembeendete
dieHeeresreformvon1867,dieFranz JosephaufgrundderverlorenenSchlacht
1866gegenPreußenveranlasste,diedominierendeStellungderAristokratie im
Heer.AusbildungundFähigkeitwurdennunstärkergewichtet alsdie familiäre
Herkunft.ObwohleinigeHofwürdenundÄmternachwievornurandenHochadel
gingen,wurdendieeigentlichepolitischeundmilitärischeMachtgegenEndedes
19. Jahrhundertsaufdie„zweiteGesellschaft“übertragen.DiebisherderAristokra-
tievorbehalteneHoffähigkeiterhieltennuneinigeausder„zweitenGesellschaft“,
inVerbindungmithohenStaatsämtern.Siewurdefürdiese„hohenBeamten“ je-
docheingeschränkt.Diesedurften,nur inUniform,angewissenHoffeierlichkeiten
teilnehmen.DerHofadel grenzte sichnachwievor abundblieb für sich.Auch
bestimmteHofwürdenbliebenderAristokratieunstrittigvorbehaltenundwurden
nurdurchMännermitmakelloserAhnenprobebesetzt.DerHofadelbegegnete
diesemWertewandelmitelitärerGesinnungundelitäremGebaren.Erversuchte,
seine altenVorrechte zu bewahren,womit er sich ideologisch sowohl vonden
anderenGesellschaftsschichtenabsetzte, als auchdasHerrscherhausverstimm-
https://doi.org/10.7767/9783205213741 | CC BY-NC 4.0
© 2021 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H. & Co. KG, Wien, Zeltgasse 1, A-1080 Wien
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Habsburg als Touristenmagnet
Monarchie und Fremdenverkehr in den Ostalpen 1820–1910
- Titel
- Habsburg als Touristenmagnet
- Untertitel
- Monarchie und Fremdenverkehr in den Ostalpen 1820–1910
- Autor
- Ursula Butz
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978–3–205–21374–1
- Abmessungen
- 16.0 x 23.5 cm
- Seiten
- 204
- Schlagwörter
- Alpen - Alpenvorland - Voralpen, Alpen / Geschichte, Politik, Gesellschaft, Neunzehntes Jahrhundert, Bad Ischl, Meran, Reichenau an der Rax
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einführung 9
- 2. Adelsgesellschaft imWandel 21
- 3. Habsburger in Ischl,Meran und Reichenau 55
- 4. Aufschwung der Kurorte: Infrastruktur und mondänes Leben 85
- 4.1 Wachstum und Konjunkturen 88
- 4.2 Verkehrsrevolution 97
- 4.3 Gastgewerbe 102
- 4.4 Kureinrichtungen und technische Innovation 107
- 4.5 Unterhaltungsangebot 112
- 4.6 Gesellschaftliche Stellung der Gäste 116
- 4.7 Umgangsformen, Etikette 122
- 4.8 Politik und Staatsführung im Kurort 128
- 4.9 Fremdenverkehr und Einheimische 132
- 4.10 Fazit: HabsburgalsBeschleunigungsfaktor 136
- 5. Öffentliche Wahrnehmung und Resonanz 139
- 6. Ergebnisse: Monarchie und Tourismus 175
- 7. Quellenverzeichnis und Bibliografie 179
- 8. Anhang 197